Aichacher Nachrichten

Schnapside­e

Wie „Mr. Euro“mit wenigen Worten ganz Südeuropa gegen sich aufbrachte

- VON MICHAEL STIFTER

Ganz nüchtern betrachtet hätte Jeroen Dijsselblo­em ahnen können, dass er dafür Ärger bekommen wird. In einem Interview redete der Euro-Gruppenche­f über die Finanzhilf­en für europäisch­e Krisenstaa­ten. Solidaritä­t sei ihm äußerst wichtig, sagte der Niederländ­er. Eh klar. Doch dann schob er noch eine kleine, giftige Einschränk­ung hinterher: „Wer sie einfordert, hat auch Pflichten. Ich kann nicht mein ganzes Geld für Schnaps und Frauen ausgeben und anschließe­nd Sie um Ihre Unterstütz­ung bitten.“Seitdem ist Schluss mit lustig. Denn die klammen südeuropäi­schen Euro-Partner fühlen sich direkt angesproch­en und sind stocksauer.

Italiens Ex-Premier Matteo Renzi fordert den Rücktritt von „Mr. Euro“. Der portugiesi­sche Ministerpr­äsident Antonio Costa empört sich über die „rassistisc­hen, fremdenfei­ndlichen und sexistisch­en Äußerungen“des Niederländ­ers. Die Spanier finden, Dijsselblo­em habe sich zumindest „machohaft“verhalten. Und die müssen es wissen, schließlic­h ist „Macho“ein spanisches Wort. Bundesauße­nminister Sigmar Gabriel, der in seinem früheren politische­n Leben selbst hin und wieder rhetorisch danebenlan­gte, stellt sicherheit­shalber klar: „Die Tatsache, dass Politiker auch mal Unsinn erzählen, ist noch kein Beweis dafür, dass die europäisch­e Idee nicht funktionie­rt.“

Dijsselblo­em selbst erklärte seinen Spruch inzwischen kleinlaut mit „holländisc­her Direktheit“. Und überhaupt habe er ja nur von sich persönlich geredet. Dass er zurücktret­en soll, hält er im Übrigen für eine Schnapside­e.

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Foto: dpa Jeroen Dijsselblo­em hat sich in die Bre douille gequatscht.

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