Aichacher Nachrichten

Begegnunge­n mit Martin Walser

Fassbier zu gedrechsel­ten Sätzen 90. Geburtstag Der Mensch und sein Werk – sechs Annäherung­en an den großen deutschen Autor vom Bodensee

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„Zu Guttenberg hat das Zeug zum deutschen Obama.“So lautete die Schlagzeil­e auf der Dritten Seite unserer Zeitung am 22. Mai 2009. Der verbale Ritterschl­ag für den damaligen Bundesmini­ster und aufstreben­den CSU-Politiker kam von einem der größten Schriftste­ller Deutschlan­ds: Martin Walser. Er hatte diesen Satz in das Mikrofon meines Aufnahmege­räts gesprochen – bei einem Interview, das ich mit ihm im Allgäu führte.

Walser war in ein Hotel gekommen, um dort am Abend zu lesen. Er verspätete sich, bestellte erst mal ein Bier („Bitte vom Fass!“). Auch wenn Walser sich in Bezug auf Guttenberg irrte, den Schriftste­ller zu interviewe­n war ein Erlebnis. Hochkonzen­triert und nebenbei das Fassbier trinkend parlierte er über Politik und seine Arbeit, gewährte aber auch Einblicke in seine Gefühlswel­t. Oft überlegte er lange, um dann gedrechsel­te, gleichwohl druckreife Sätze zu formen. Wenn ihm etwas besonders wichtig war, fixierten mich seine blauen Augen unter den buschigen Brauen, und er sprach extra eindringli­ch.

Zweimal konnte ich Walser auch zu Hause in Überlingen interviewe­n. Er bittet Besucher gewöhnlich in sein Arbeitszim­mer im Dachgescho­ss des großen Hauses. Den Schreibtis­ch hat er so gestellt, dass er hinausblic­ken kann auf den Bodensee, dessen Ufer nur einen Steinwurf entfernt ist. Ein schöner Ort, um zu sinnieren und Bücher zu schreiben. Klaus-Peter Mayr

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Foto: Felix Käslte, dpa

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