„Die Rolle nicht spielen, sondern sein“
Serzan Celik ist Schauspieler und darf meistens Migranten spielen. Wie es sich anfühlt, wenn man auf einen Typ festgelegt ist
Seinen wahren Namen verrät Hans nicht, seine Eltern sind Migranten. Von anderen fühlt er sich deshalb gedemütigt. Gegen die Vorurteile setzt er sich zur Wehr, oft brutal. „Hans ist innerlich zerrissen. Ich kenne das Gefühl und kann es auf der Bühne abrufen“, sagt Serzan Celik. Er spielt Hans im Stück „Eine einzige Nacht“von Sebastian Seidel. Der Münchner tritt in dieser Rolle das erste Mal im Sensemble Theater in Augsburg auf.
Celik ist kurdischer Abstammung. „Bislang legt mich mein Aussehen schon auf Rollen von Migranten und Südländern fest“, sagt der 27-Jährige. Zugleich falle es ihm leicht, sich in solche Figuren hineinzuversetzen. Die Identifikationsprobleme, die Kinder von Einwanderern oft haben, kenne auch er. Dabei erfordern die Rollen, dass Celik jedes Mal eine andere Seite seiner Persönlichkeit herauskitzelt. Denn seiner Meinung nach imitiert ein guter Schauspieler nicht, sondern behält seine Natürlichkeit bei. Sein Anspruch: „Die Rolle nicht spielen, sondern sein.“Hans in „Eine einzige Nacht“sei eine härtere Version Celiks. „Die Rolle ist extrem, zugleich nett und aggressiv. Aber jeder hat doch gute und schlechte Seiten.“
Seit fünf Jahren arbeitet Celik als professioneller Schauspieler. Angefangen hat alles während seiner Schulzeit. „Ein Lehrer meinte, ich wäre ein guter Schauspieler. Ich weiß bis heute nicht, ob das ein Witz war. Ansporn war es allemal“, sagt der 27-Jährige und lacht. Dass er einmal professionell auf der Theaterbühne stehen wird, hat Celik nicht erwartet. Ins Rampenlicht habe es ihn aber schon immer gedrängt. Zugleich ist er angehender Wirtschaftsingenieur. Sein Studium sei ein Plan B, eine Absicherung, falls es mit dem Theater nicht klappt. Die Bühne sei aber Celiks Leidenschaft.
Kleine Auftritte hatte der Münchner auch schon in Fernsehserien. „Theater ist aber sozialer. Man lacht und weint mit dem Publikum. Der Fernseher läuft meistens doch nur nebenbei“, meint er. Besonders am zeitgenössischen Theater gefallen Celik Aktualität und Brisanz der Themen. Selbst beschreibt er sich als kritisch, ehrlich und respektvoll. „Theater leistet einen sozialen Beitrag. Der Zuschauer blickt hinter die Fassade der Rolle und denkt hoffentlich auch noch nach der Vorstellung über das Thema nach.“
Dass Celik meist Migranten oder Südländer darstellt, störe ihn manchmal allerdings schon. Einen Deutschen habe er noch nie gespielt. „Dabei ist das meine natürliche Rolle“, sagt er. Das Wichtigste sei ihm aber, dass die jeweilige Figur eine Herausforderung sei. Zur Vorbereitung für ein Stück gehören für ihn nicht nur Proben. Für seine Rolle als Hans hörte er unter anderem Deutschrap und traf sich mit Jugendlichen in ihrem gewohnten Umfeld. „So fühle ich mich in die Rolle ein. Eine Stunde vor dem Auftritt bewege und spreche ich auch so.“
Termine von „Eine einzige Nacht“am 24., 25., 31. März sowie am 1., 7. und 8. April im Sensemble Theater