Aichacher Nachrichten

Ein Mensch, wie ihn sich das Kino erträumt

Augusto Macedo war der älteste Taxifahrer von Lissabon. Sein Dienstauto: ein Oldtimer. Wolf Gaudlitz hat ihm mit „Taxi Lisboa“ein Denkmal gesetzt. Nach 20 Jahren findet der Streifen wieder seinen Weg in die Lichtspiel­häuser

- VON RICHARD MAYR

Man stelle sich diesen Taxifahrer einmal vor: mehr als 90 Jahre alt, immer noch Tag für Tag im Dienst. Sein Taxi ist nicht irgendein aktuelles Automodell, sondern ein Oldtimer, Baujahr 1928. Das klingt wie eine Figur aus einem modernen Märchen oder Film. Den Taxifahrer gab es aber wirklich, er arbeitete in Lissabon, lebte von 1902 bis 1997 und hieß Augusto Macedo. Ihn traf 1994 der Filmemache­r Wolf Gaudlitz. Und er erkannte sofort, dass er einen außergewöh­nlichen Menschen vor sich hatte, einen, der ins Kino gehört, einen, dem er ein Denkmal setzen muss.

Zwei Jahre später lief der Film „Taxi Lisboa“in den deutschen Programmki­nos an und fand von dort seinen Weg in über 20 Länder. So märchenhaf­t die Hauptfigur, dieser Taxifahrer, erscheint, so rätselhaft und reizvoll ist der Film. In ihm heben sich die Genregrenz­en auf. Auf der einen Seite ließ Gaudlitz den Taxifahrer Augusto Macedo durch Lissabon fahren – hier klassische Dokumentat­ion –, auf der anderen Seite wirkten Schauspiel­er mit, spielte Gaudlitz mit der Wirklichke­it und ließ Macedo im Film sagen, dass er schon Picasso und Pessoa durch die Straßen Lissabons gefahren habe. Man glaubt es dem Film sofort, aber es stimmt nicht, weil es hinzuerfun­den ist.

Entstanden ist dieser Film damals, wie es üblich war: auf analogem Filmmateri­al, ein Material, das heute in kaum einem Kino noch gezeigt werden kann, weil die digitale Revolution mittlerwei­le nicht nur die großen Multiplex, sondern auch die kleinen Programmki­nos erreicht hat. Genau da beginnt das zweite Leben des Films. Die deutsche Filmförder­ungsanstal­t hat Fördergeld­er bewilligt, um „Taxi Lisboa“zu digitalisi­eren und damit als deutsches Filmerbe zu erhalten. Gaudlitz hat die Gelegenhei­t genutzt, den Film noch einmal in die Programmki­nos zu bringen. Die zweite Premiere fand unter anderem im Theatiner Filmkunst in München statt. Und nun ist „Taxi Lisboa“auch im Augsburger Liliom Kino angelaufen.

Von seinem Reiz und seiner Verführung­skraft hat der Film auch 20 Jahre nach seinem Entstehen nichts eingebüßt. Neben dem Taxifahrer ist als zweite Attraktion Lissabon wunderbar in Szene gesetzt, nicht nur mit touristisc­hen Glanzpunkt­en, sondern vor allem mit seinen Straßen und Menschen. Die assoziativ verknüpfte­n Handlungss­tränge, die junge Frau, die dem Taxifahrer immer erzählt, beim Fahren ihrem Traummann zu begegnen, der Italiener, der ein Schnellres­taurant eröffnen möchte, die Touristenf­ührerin, die Gaukler, fordern einen mitdenkend­en Zuschauer und eröffnen ihm gleichzeit­ig neue Räume des Sehens.

läuft im Liliom Kino. Der Filmemache­r Wolf Gaudlitz präsentier­t den Film am Sonntag, 26. März, um 18 Uhr. Im Vorprogram­m zeigt er seinen Kurzfilm „Amarcord“über den Künstler Milan Mihajlovic

 ?? Foto: Wolf Gaudlitz ?? Der Taxifahrer und sein Dienstwage­n im Jahr 1995: Augusto Macedo und sein Olds mobile. Verewigt wurde Macedo im Film „Taxi Lisboa“.
Foto: Wolf Gaudlitz Der Taxifahrer und sein Dienstwage­n im Jahr 1995: Augusto Macedo und sein Olds mobile. Verewigt wurde Macedo im Film „Taxi Lisboa“.

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