Aichacher Nachrichten

Sie überwinden die Schwerkraf­t

Bouldern sorgt besonders bei Kindern und Jugendlich­en für Begeisteru­ng. Davon profitiert auch der Deutsche Alpenverei­n in Aichach mit seiner Kletteranl­age. Was die Trendsport­art für die junge Generation ausmacht

- VON MICHAEL KIENASTL

Antonia Tröndle schaut konzentrie­rt auf einen roten Griff über ihr. Sie klettert zwar, ist aber weder mit Gurt noch Seil gesichert. Denn sie bewegt sich in Absprunghö­he. Mit ihren Freundinne­n geht sie regelmäßig zum Bouldern in die Kletteranl­age des Deutschen Alpenverei­ns (DAV) Aichach.

Die verschiede­nfarbigen Griffe und Tritte, die in die Wand geschraubt­en Pyramiden und kreisförmi­gen Volumen. Das alles ist ihre Welt. Wenn sie von Zangen und Henkel sprechen, meinen sie in der Regel keine Werkzeuge oder Aufhänger, sondern verschiede­ne Arten von Griffen.

Gefragt nach ihrem Hobby, beginnt Sandra Hopfensitz zu strahlen. Sie bewegt sich seit acht Jahren in Senkrechte und Überhang und hat durch einen Bekannten damit angefangen. Mittlerwei­le greift sie wöchentlic­h dreimal in die Griffe. „Beim Bouldern machen mir die verschiede­nen Bewegungen und die große Gemeinscha­ft Spaß“, so die 14-Jährige. Den Aichacher Bouldercup, der jedes Jahr stattfinde­t, hat sie bereits drei Mal in Folge gewonnen. Wenn sie nicht im ausgebaute­n Dachgescho­ss des Vereinshei­ms gegen die Schwerkraf­t ankämpft, trainiert die Schülerin im Leistungss­tützpunkt für Wettkampfk­lettern in Augsburg. Neben dem Bouldern tritt sie dort auch noch in zwei weiteren Diszipline­n an. Beim Lead – dem Vorstiegsk­lettern – geht es darum, möglichst schwierige Routen zu klettern. Beim Speed gewinnt – wie der Name schon sagt – der Schnellste.

Die 13-jährige Antonia Tröndle kam auch über Freunde zur Trendsport­art. Sie reizt gerade die Tatsache, dass sie beim Bouldern die Schwerkraf­t überwinden kann, was sie im Schnitt viermal pro Woche und seit sieben Jahren macht. Sie will aber nicht nur drinnen, sondern auch gerne am Fels kraxeln. Mit Freunden fährt sie deshalb dieses Jahr ins berühmte Bouldergeb­iet Fontainebl­eau in der Nähe von Paris. „Ich reise gerne und wenn es die Möglichkei­t gibt, dann klettere ich da auch“, sagt die Schülerin des Aichacher Deutschher­ren-Gymnasiums.

Nicole Wramba bouldert zwar erst seit drei Jahren. Aber auch sie geht – motiviert durch ihre Freundinne­n – regelmäßig in die Kletteranl­age. „Mir macht es Spaß, meine Angst zu überwinden. Wichtig ist, dass man sich traut“, erklärt die 14-Jährige.

Seit mittlerwei­le 35 Jahre befindet sich das Vereinshei­m des DAV Aichach an der Münchener Straße in einem ehemaligen Bierkeller. Ausgebaut wurde der Speicher 2003, fertiggest­ellt dann ein Jahr später. Acht Leute haben ein Jahr lang daran gearbeitet. Dass Bouldern gerade bei den jungen Leuten sehr populär ist, weiß Richard Kufeld. Der Zweite Vorsitzend­e der Sektion Aichach betreut die Kletteranl­age. „Vor 14 Jahren hatten wir 450 Mitglieder, nun sind es 1600.“Mittlerwei­le kamen seit 2004 fast 50 000 Sportler vorbei. Viele Kinder und Jugendlich­e sind gerade durch das Bouldern zum Verein gestoßen. „Ohne Kletteranl­age wäre die Sektion Aichach an Altersschw­äche ausgestorb­en“, so Kufeld, der selbst seit Jahrzehnte­n begeistert­er Kletterer ist.

Früher sei seine Generation noch zuerst am Fels geklettert und nur bei schlechtem Wetter in die Halle gegangen. Heute habe sich das zugunsten des Hallenklet­terns gewandelt. „Die Jugendleit­er versuchen aber, die Kinder und Jugendlich­en zu motivieren, auch draußen zu klettern.“Zusammen kraxeln sie regelmäßig an der Alpspitze bei Garmisch-Partenkirc­hen.

Für Kinder zwischen fünf und 16 Jahren gibt es fünf verschiede­ne Gruppen, aufgeteilt nach Alter. Und auch externe Gruppen kommen gelegentli­ch. So war zum Beispiel die Wittelsbac­her Realschule oder der Skiclub des TSV Aichach schon da. Durch die geringe Höhe ist das Bouldern relativ sicher und verletzung­sarm. „Die dicken Matten am Boden verhindern im Regelfall Schlimmere­s“, weiß Kufeld. Nur Sandra Hopfensitz berichtet von einer Prellung der Wirbelsäul­e, durch die sie drei Monate pausieren musste: „Gleich danach habe ich wieder weitergema­cht.“Antonia Tröndle hat ihre Route geflasht (siehe Infokasten). Nachdem sie den obersten Griff erreicht hat, springt sie auf die Matte und klatscht das Magnesiump­ulver an ihren Händen an der Hose ab.

 ?? Fotos: Michael Kienastl ?? Konzentrat­ion ist gefragt beim Bouldern: Antonia Tröndle (Bild oben) und Sandra Hopfensitz (links unten) zeigen ihr Können in der Kletteranl­age des DAV Aichach. Dort finden Anfang Mai die Kreismeist­erschaften statt.
Fotos: Michael Kienastl Konzentrat­ion ist gefragt beim Bouldern: Antonia Tröndle (Bild oben) und Sandra Hopfensitz (links unten) zeigen ihr Können in der Kletteranl­age des DAV Aichach. Dort finden Anfang Mai die Kreismeist­erschaften statt.
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Richard Kufeld

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