Aichacher Nachrichten

Chancen und Risiken der Baufinanzi­erung

Verbrauche­r Die Zinsen auf Kredite sind derzeit niedrig. Doch wie lange noch? Mit einem Forward-Darlehen kann man sich gegen steigende Kosten schützen. Der Abschluss lohnt sich aber nur unter bestimmten Bedingunge­n

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Wer eine Anschlussf­inanzierun­g für seinen Immobilien­kredit braucht, sollte sich frühzeitig darum kümmern. Kreditnehm­er können sich dabei Jahre im Voraus die derzeit niedrigen Zinsen sichern. Möglich ist dies mit einem ForwardDar­lehen. „Das Ganze ist eine Art Wette auf die Zinsentwic­klung“, erklärt Hartmut Schwarz von der für das Thema zuständige­n Verbrauche­rzentrale Bremen.

Chancen und Risiken Der Kreditnehm­er profitiert von einem Forward-Darlehen, wenn die Zinsen in Zukunft steigen. Das bedeutet aber auch, dass es ein Risiko gibt: Bleiben die Zinsen stattdesse­n gleich oder sinken sie sogar, zahlt der Darlehensn­ehmer in der Regel drauf. Denn für die vereinbart­e Zinssicher­heit müssen die Kreditnehm­er einen Aufschlag zahlen – je länger die Vorlaufzei­t bis zur Ablösung des alten Darlehens, desto höher der Aufschlag.

Kosten Für Darlehen mit Vorlaufzei­ten von bis zu zwölf Monaten verlangen die Kreditgebe­r nach Angaben der FMH-Finanzbera­tung zum Teil keinen Aufschlag. Für ein Forward mit zwei Jahren Vorlauf- zahlt der Kreditnehm­er jedoch zwischen 1,36 Prozent und 2,30 Prozent für den Effektivzi­ns – bei einem Aufschlag von durchschni­ttlich 0,30 Prozent. Wer sich hingegen den Zinssatz fünf Jahre im Voraus sichern will, muss dafür im Durchschni­tt 0,93 Prozentpun­kte Aufschlag einrechnen – wobei die Spanne laut FMH von 0,54 bis 1,47 Prozent reicht.

Ob sich ein ForwardDar­lehen lohnt, hängt also von der Entwicklun­g der Zinsen ab. Derzeit sind sie noch historisch niedrig. Langfristi­g dürften die Zinsen jedoch steigen, wie das Beispiel USA zeigt: Die Federal Reserve hatte den Leitzins zuletzt Mitte März um 0,25 Prozentpun­kte angehoben – derzeit steht er somit zwischen 0,75 und 1,0 Prozent. Weitere Zinsschrit­te sollen folgen.

Die Zinsentwic­klung lässt sich in der Regel aber nicht voraussage­n. Deshalb hat Max Herbst von der FMH-Finanzbera­tung die Vergangenh­eit unter die Lupe genommen. In einer Studie hat er Datenmater­ial seit 2002 ausgewerte­t. Das Fazit: Forward-Darlehen machen nur Sinn, wenn die Zinsen extrem nied- rig sind und ein Zinsanstie­g sehr wahrschein­lich ist.

Das Ergebnis erstaunt Jörg Sahr von der Stiftung Warentest nicht: „Es ist ja klar, dass sich ein Forward-Darlehen nur bei steigenden Zinsen rechnet.“Seit 2002 – dem Beginn der Studie – seien die Zinsen jedoch mit kurzen Unterbrech­unzeit gen stets gesunken. Wie schwierig es ist, den richtigen Zeitpunkt für einen Vertragsab­schluss zu ermitteln, beschreibt Sahr mit zwei Beispielen: Ende 2005 lagen die Hypotheken­zinsen bei 4,1 Prozent, Ende 2007 dann bei 5,2 Prozent. „Der Abschluss eines Forward-Darlehens mit zwei Jahren Vorlaufzei­t hätte sich also Ende 2005 gelohnt“, erklärt Sahr. Anders sah die Lage Ende 2013 aus: Damals lagen die Zinsen bei 2,8 Prozent und zwei Jahre später nur bei 1,7 Prozent. Da hätte sich das Forward-Darlehen nicht gelohnt.

Expertenem­pfehlung Grundsätzl­ich sind sich die drei Experten einig: Kreditnehm­er sollten die Zinsentwic­klung weiter beobachten – und bei der Planung die Option eines Forward-Darlehens miteinbezi­ehen. Dessen Abschluss sollten sie jedoch so lange wie möglich hinauszöge­rn. Laut Schwarz lohnt sich nur eine Vorlaufzei­t von maximal zwei Jahren. Kreditnehm­er sollten mit diesem Darlehen die Restschuld vollständi­g tilgen können.

Da sich die Zinsen nicht von heute auf morgen ändern, bleibt Kreditnehm­ern Zeit, um Angebote zu vergleiche­n. Ein Forward-Darlehen bietet ihnen eine Kalkulatio­ns- und Zins-Sicherheit – auch wenn sie dafür am Ende etwas mehr bezahlen müssen. Im Vergleich zu Angeboten vor zehn Jahren sind Baukredite aktuell aber immer noch günstig. Damals lagen die Zinsen bei 5 bis 6 Prozent. Isabelle Modler, dpa

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