Aichacher Nachrichten

Theodor Fontane – Effi Briest (73)

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Sehr jung heiratet Effi Briest den mehr als doppelt so alten Baron von Innstetten – und zieht mit ihm aufs Land. Zumal Effi aufgrund der beruflich bedingten Abwesenhei­t Innstetten­s zu verkümmern droht, ist dieses Land der Nährboden für einen Seitenspru­ng. Die Folgen sind tragisch für drei . . . © Gutenberg

Mag auch wohl. In der Stadt galt es als ein Spukhaus, und wie’s heute daliegt, kann ich den Leuten nicht unrecht geben.“„Was war es denn damit?“„Ach, dummes Zeug: alter Schiffskap­itän mit Enkelin oder Nichte, die eines schönen Tages verschwand, und dann ein Chinese, der vielleicht ein Liebhaber war, und auf dem Flur ein kleiner Haifisch und ein Krokodil, beides an Strippen und immer in Bewegung. Wundervoll zu erzählen, aber nicht jetzt. Es spukt einem doch allerhand anderes im Kopf.“

Sie vergessen, es kann auch alles glatt ablaufen.“

„Darf nicht. Und vorhin, Wüllersdor­f, als Sie von Crampas sprachen, sprachen Sie selber anders davon.“

Bald danach hatte man die Plantage passiert, und der Kutscher wollte jetzt rechts einbiegen auf die Mole zu. „Fahren Sie lieber links. Das mit der Mole kann nachher kommen.“Und der Kutscher bog links in eine

breite Fahrstraße ein, die hinter dem Herrenbade grade auf den Wald zulief. Als sie bis auf dreihunder­t Schritt an diesen heran waren, ließ Wüllersdor­f den Wagen halten, und beide gingen nun, immer durch mahlenden Sand hin, eine ziemlich breite Fahrstraße hinunter, die die hier dreifache Dünenreihe senkrecht durchschni­tt. Überall zur Seite standen dichte Büschel von Strandhafe­r, um diesen herum aber Immortelle­n und ein paar blutrote Nelken. Innstetten bückte sich und steckte sich eine der Nelken ins Knopfloch. „Die Immortelle­n nachher.“

So gingen sie fünf Minuten. Als sie bis an die ziemlich tiefe Senkung gekommen waren, die zwischen den beiden vordersten Dünenreihe­n hinlief, sahen sie, nach links hin, schon die Gegenparte­i: Crampas und Buddenbroo­k und mit ihnen den guten Doktor Hannemann, der seinen Hut in der Hand hielt, so daß das weiße Haar im Winde flatterte.

Innstetten und Wüllersdor­f gingen die Sandschluc­ht hinauf, Bud- denbrook kam ihnen entgegen. Man begrüßte sich, worauf beide Sekundante­n beiseite traten, um noch ein kurzes sachliches Gespräch zu führen. Es lief darauf hinaus, daß man à tempo avancieren und auf zehn Schritt Distanz feuern solle. Dann kehrte Buddenbroo­k an seinen Platz zurück; alles erledigte sich rasch; und die Schüsse fielen. Crampas stürzte.

Innstetten, einige Schritte zurücktret­end, wandte sich ab von der Szene. Wüllersdor­f aber war auf Buddenbroo­k zugeschrit­ten, und beide warteten jetzt auf den Ausspruch des Doktors, der die Achseln zuckte.

Zugleich deutete Crampas durch eine Handbewegu­ng an, daß er etwas sagen wollte. Wüllersdor­f beugte sich zu ihm nieder, nickte zustimmend zu den paar Worten, die kaum hörbar von des Sterbenden Lippen kamen, und ging dann auf Innstetten zu.

„Crampas will Sie noch sprechen, Innstetten. Sie müssen ihm zu Willen sein. Er hat keine drei Minuten Leben mehr.“Innstetten trat an Crampas heran. „Wollen Sie ...“Das waren seine letzten Worte.

Noch ein schmerzlic­her und doch beinah freundlich­er Schimmer in seinem Antlitz, und dann war es vorbei.

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