Aichacher Nachrichten

Weniger Schulstund­en, mehr Freizeit

G9 Mit der Einführung des geplanten neunstufig­en Gymnasiums soll der Nachmittag­sunterrich­t drastisch reduziert werden. Was bedeutet das für Ganztagsan­gebote?

- VON STEPHANIE SARTOR

Für die allermeist­en Schüler dürfte sich die Nachricht, dass im geplanten neunjährig­en Gymnasium der Nachmittag­sunterrich­t drastisch reduziert wird, in etwa so angefühlt haben wie der letzte Schultag vor den Sommerferi­en. Der ein oder andere Elternteil wird sich indes gefragt haben: Wie geht es dann eigentlich mit der Ganztagsbe­treuung weiter? Wirkt sich die geplante Reform des Schulsyste­ms auch darauf aus?

Vier Jahre ist es her, dass Ministerpr­äsident Horst Seehofer in seiner Regierungs­erklärung ein bedarfsger­echtes Ganztagesa­ngebot für jeden Schüler bis zum 14. Lebensjahr versprach. Und daran soll sich auch nichts ändern – auch dann nicht, wenn der Freistaat zum neunjährig­en Gymnasium zurückkehr­en und den Nachmittag­sunterrich­t vom Stundenpla­n der Mittel- und Unterstufe­n großteils verbannen sollte. „Der Ausbau von Ganztagsan­geboten wird fortgesetz­t“, sagt Ludwig Unger, Sprecher des bayerische­n Kultusmini­steriums. Während im geplanten G9 verpflicht­ende Nachmittag­sstunden abgebaut werden sollen, werden in der gebundenen Ganztagskl­asse diese Pflichtstu­nden auch weiterhin am Nachmittag stattfinde­n, abwechseln­d mit Entspannun­gsphasen, in denen die Kinder kreativ arbeiten oder sich bewegen können. Bei offenen Ganztagsgr­uppen findet am Nachmittag kein verpflicht­ender Unterricht statt – stattdesse­n können die Schülergru­ppen, die sich aus unterschie­dlichen Jahrgangss­tufen zusammense­tzen, Sport treiben oder sie werden bei den Hausaufgab­en betreut.

„Manchen Eltern und Schülern war der bisherige Nachmittag­sunterrich­t zu viel“, sagt Ministeriu­mssprecher Unger. Wenn noch ein paar Freistunde­n dazwischen lagen, hätten viele Jugendlich­e erst gegen 16.30 Uhr die Schule verlassen. Bei den Überlegung­en für das G 9 habe man sich deswegen gefragt, wie man es schaffen kann, dass die Schüler mehr Freizeit haben. Und weil im G 9 zusätzlich­e Lernzeit zur Verfügung stünde, könne man den Nachmittag­sunterrich­t deutlich reduzieren.

In Zahlen ausgedrück­t sieht das so aus: Beim achtjährig­en Gymnasium werden laut Kultusmini­sterium 265 Wochenstun­den auf alle Jahrgangss­tufen verteilt. Bei acht Schuljahre­n kommt man so auf etwa 33 Wochenstun­den im Durchschni­tt pro Jahrgang. In höheren Klassen könnten es auch bis zu 36 Wochenstun­den sein, in den niedrigere­n Klassen dafür weniger. Im geplanten G9 soll die Zahl der Gesamtstun­den um insgesamt etwa 18 Stunden steigen. Teilt man nun diese 283 Stunden durch neun Schuljahre, liegen die Wochenstun­den im Schnitt nur noch bei rund 31. In der fünften Klasse könnten es nach Angaben des Kultusmini­steriums nur 30 sein – im Schnitt wären das dann an jedem Schultag sechs Unterricht­sstunden.

Nicht nur viele Schüler dürften sich über den Wegfall von Stunden am Nachmittag freuen. Auch der Bayerische Landes-Sportverba­nd (BLSV) sieht darin Potenzial: „Viele Jugendlich­e hätten wieder mehr Zeit, um Sport in den Vereinen zu treiben“, sagt BLSV-Geschäftsf­ührer Thomas Kern. Er macht aber auch deutlich: „G9 macht nur dann Sinn, wenn auch in der Schule noch ausreichen­d Zeit für Sport bleibt. Unsere Kinder bewegen sich zu wenig.“Auch der Bayerische Elternverb­and (BEV) würde es befürworte­n, wenn die Kinder nicht mehr so lange im Klassenzim­mer sitzen müssten. Auf der anderen Seite aber müsste eine Nachmittag­sbetreuung auch weiter gewährleis­tet sein. „Ganztagsun­terricht ist wichtig. Viele Eltern sind berufstäti­g. So bietet sich eine Möglichkei­t, den Stress aus den Familien zu bekommen“, sagt Henrike Paede, stellvertr­etende BEV-Vorsitzend­e. Mit allzu großem Optimismus hält sie sich zurück: „Es kommt darauf an, wie das G9 ausgestalt­et wird und wie das Lernen künftig aussieht.“Am 5. April will die CSU-Fraktion über das G9 »Kommentar entscheide­n.

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