Polizei: Youtube Star hätte sich anmelden sollen
Nach dem Chaos, das der Internet-Filmer Leon Machère am Wochenende am Königsplatz ausgelöst hatte, gibt es drei Anzeigen. Der Hotelinhaber berichtet von erschreckenden Situationen. Eine Expertin erklärt, warum Jugendliche auf sogenannte Youtuber stehen
Als die ersten 20 Jugendlichen ins Hotel Ost am Kö kamen und nach Leon Machère fragten, da hatte sich Hotelinhaber Dieter Ulrich noch nichts dabei gedacht. Er kannte diesen Machère schließlich auch nicht. Nur einige Stunden später versuchten seine Mitarbeiter verzweifelt, den Eingang zu blockieren. Hunderte junge Menschen wollten in das Hotel zu ihrem Youtube-Star gelangen, der dort von Freitag auf Samstag übernachtet hatte.
Der 24-jährige Hamburger Internet-Filmer sorgte am Samstag für Chaos. Nicht nur am Hotel, sondern rund um den Königsplatz, wo er, wie bereits berichtet, sowohl mit Fans als auch mit Polizei Katz und Maus spielte. Eine Ankündigung seines Aufenthalts in Augsburg in den sozialen Netzwerken wie Facebook und Snapchat hatte seine Fans auf den Plan gerufen. Sie alle wollten Leon Machère sehen. Zeitweise versammelten sich bis an die 1000 junge Menschen am Königsplatz. Es kam zu brenzligen Situationen, als die Meute sich um den weißen Lieferwagen mit Machère drängte.
Die Polizei war mit gut einem Dutzend Streifenwagen im Einsatz, berichtet Polizeisprecher Siegfried Hartmann. Er zeigt sich verärgert, weil der 24-Jährige, der auf Youtube über zwei Millionen Fans hat, seinen Auftritt bei den Behörden im Vorfeld nicht angekündigt hatte. „Das war keine Spontanaktion von ihm, sondern gezielt geplant“, sagt Hartmann, der von einer „Masche“des Youtubers spricht: Nämlich die Fans im Internet auf sein Kommen heiß machen und dann, ohne sich bei den Behörden anzukündigen, aufzutauchen. „Bei einer Anmel- seines Auftrittes hätte man sich entsprechend vorab um Ordner kümmern können.“Außerdem soll der 24-Jährige ohne nachweisbare Genehmigung CDs verkauft haben. Auf Anordnung der Staatsanwaltschaft wurden rund 380 Tonträger sichergestellt. Bei Machère und seinen Begleitern wurde ein Geldbetrag im unteren vierstelligen Bereich gefunden. Dieser könnte vom Verkauf stammen. Von Seiten der Stadt wird es nach aktuellem Stand kein Bußgeld geben. „Es handelte sich hier um keine anmeldepflichtige Veranstaltung“, meint Ordnungsreferent Dirk Wurm.
Die Polizisten bereiteten dem Auftritt, auch wegen eines nicht überschaubaren Sicherheitsrisikos durch das Fangedränge, ein Ende. Er und sein Team wurden auf die Dienststelle mitgenommen. Dort wurden der Youtuber und ein Begleiter ausfällig. „Die beiden bekommen eine Anzeige wegen Beleidung digung, ein weiterer eine Anzeige wegen Straßenverkehrsgefährdung“, berichtet Hartmann. Hotelinhaber Ulrich überlegt, ob er Anzeige erstattet. Die Schäden am Blumenschmuck vor seinem Hotel seien überschaubar. Den am Eingang hinterlassenen Müll der Menge, „es sah aus wie nach einem Open Air“, räumten Mitarbeiter weg. „Aber ich finde das Verhalten eben nicht in Ordnung.“Es sei erschreckend gewesen, wie die Menge an Fans gegen die Scheiben des Hotels drückten. Manche warfen mit Pappbechern in Richtung Eingang. „Erschreckend finde ich auch, wie Jugendliche so jemandem ungefiltert folgen“, sagt der Hotelinhaber.
Birgit Irrgang von der Medienstelle der Stadt Augsburg vergleicht Youtube-Stars mit dem, was früher Popstars waren. „Jede Generation hat ihre Idole“, sagt die Leiterin. Youtuber seien für Jugendliche sogar alltagsnäher als Rock- oder Popstars. „Die Fans können sich mit ihnen mehr identifizieren als mit einer Rockband, die unerreichbar scheint.“Allerdings sollten Eltern darauf achten, wem ihre Kinder auf Youtube folgen. Leon Machère macht neben Musik sogenannte Prank-Videos, also Videos mit Streichen. Das Prinzip ist das einer versteckten Kamera. Der 24-Jährige gibt etwa in Supermärkten vor, Glasreiniger zu trinken, und lässt die Reaktionen der Kunden und des Personals filmen. Manche Youtuber haben auch mit so etwas Erfolg. Erwin Schletterer, Geschäftsführer des Vereins Brücke, der sich um straffällige junge Menschen kümmert, hat folgende Erfahrung gemacht: „Immer wieder kommt es vor, dass Jugendliche ernsthaft Youtuber als Berufswunsch angeben.“