Der Fall Fuchs
In der Verhandlung kommen bislang noch nicht bekannte Aspekte zur Sprache. Affinger Ex-Bürgermeister gibt Einblicke in sein Leben. Welche finanzielle Folgen das Urteil für ihn hätte
Der Fall Fuchs sorgt für Diskussionen nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts München vom Dienstag (siehe Leserbriefe Seite 2). Wie berichtet, erkannte die Disziplinarkammer dem ehemaligen Affinger Bürgermeister Rudi Fuchs die Pension komplett ab. Das ist die schärfste Disziplinarmaßnahme, die gegen einen Beamten in Ruhestand möglich ist. Die Landesanwaltschaft beantragte nur eine Kürzung. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Fuchs kündigte an, in Berufung vor den Verwaltungsgerichtshof (VGH) zu gehen. In der dreistündigen Verhandlung am Dienstag kamen einige Details zur Sprache. Ein Überblick:
Die Affäre belastet Rudi Fuchs bis heute. In der Familie gebe es kein anderes Thema. Er gehe mit dem gleichen Gedanken ins Bett und wache damit wieder auf, schilderte Fuchs, den seine Ehefrau und einer seiner beiden erwachsenen Söhne begleiteten. Vor zehn Jahren sei er, seinem Wahlversprechen entsprechend, in die Gemeinde Affing gezogen. „Meine Lebens- und Einkommensplanung hat etwas anders ausgesehen“, betont Fuchs. Ansonsten versucht er „gut über den Tag zu kommen“. Der Ex-Bürgermeister geht inzwischen einer genehmigten selbstständigen Nebentätigkeit nach. Ein Rat seines Arztes, um seinen Tagesablauf zu strukturieren. Fuchs hat eine Beratungs- und Dienstleistungsfirma gegründet. Die Einnahmen würden mit der Pension verrechnet, versicherte er. Fuchs betonte, ihm sei immer wichtig gewesen, die Gemeinde voranzubringen und ihr Steueraufkommen zu sichern. Im Rückblick sprach Fuchs von einem Stimmungswech- sel in der Verwaltung „ab einem bestimmten Zeitpunkt“. Der sei auch „zum Teil meine Schuld“gewesen, aber sicher nicht alleine. 2010/11 sei die Stimmung insgesamt gekippt. Im Hintergrund steht der seit Jahrzehnten schwelende kommunalpolitische Streit um die geplanten Umgehungsstraßen für das Affinger Becken: Nordumgehung an den Ortsteilen Gebenhofen und Anwalting vorbei und Westumgehung für Mühlhausen. In dieser Zeit sei das Thema Stundung der Gewerbesteuer aufgekommen. Er habe immer gewusst, dass der betreffende Unternehmer, der zwei Firmen hat, seine Steuern bezahlen werde, versicherte Fuchs und betonte: „Ich wollte nichts Böses.“
Wegen zehn Fällen der Untreue ist Fuchs strafrechtlich verurteilt: elf Monate auf Bewährung und eine Geldbuße über 15 000 Euro. Aber auch wegen Beleidigung des Gemeinderates und dreier Mitarbeiter der Verwaltung. In einer polizeilichen Vernehmung im Juli 2013 hatte er über die Mitarbeiter gesagt: „Das sind doch Deppen.“Fuchs-Gegner sprechen seit Langem davon, dass diesem noch viel mehr angelastet werden könne. Tatsächlich kamen im Strafverfahren weitere Verdachtsfälle auf. Die Zahl der Weihnachtspräsente sei 2011 nicht im Einklang gewesen mit der Anzahl der Beschenkten. Wo also sind die Geschenke gelandet? Und: Fuchs habe 760 Euro Herstellungs- beiträge nicht bezahlt und PCs von Mitarbeitern ausgespäht. Diese Vorwürfe wurden im Strafverfahren nicht weiterverfolgt. Auch die Disziplinarkammer hielt diese Vorwürfe für nicht so wesentlich und sah keinen Bedarf an einer Klärung.
Bereits im Mai 2008 war die Gewerbesteuerstundung Thema einer nicht öffentlichen Sitzung im Affinger Gemeinderat. Damals verständigte sich das Gremium darauf, das jahrzehntelang praktizierte Stundungsmodell auslaufen zu lassen. Er deckelte die Beträge stufenweise. 2008 sollten nur noch 180000, dann 120000 und 2010 nur noch 60000 Euro gestundet werden. Ab 2010 sollte eine Stundung nur noch auf Antrag eingeräumt werden. Tatsächlich aber wurde die Praxis nicht geändert.
Das ist auch der Grund, warum Landesanwalt Michael Kumetz in der Verhandlung massive Kritik am Gemeinderat übte. Obwohl der Rechnungsprüfungsausschuss monierte, habe er über Jahre die Entlastung beschlossen und keine Prüfungsfeststellungen getätigt. Der Gemeinderat habe als Kontrollorgan nicht funktioniert, so Kumetz.
Die Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts hingegen sah den Gemeinderat nicht in der Verantwortung. Dessen Verhalten entlaste Fuchs nicht durchgreifend, betonte Richter Glaser. Er sah außerdem insgesamt „keine durchgreifenden Milderungsgründe“für Fuchs. Als kommunaler Verwaltungsexperte (Fuchs gab sogar Kurse an der Verwaltungsschule) hätte er bei Amtsantritt als Bürgermeister die Steuerstundungen sofort beenden müssen.
Im Gegensatz dazu betonte Fuchs-Rechtsanwältin Anke Jung, dass dieser uneigennützig gehandelt habe. Auch habe er kooperiert, nicht an seinen Ämtern festgehalten und den Weg frei gemacht. Jung plädierte für eine Klageabweisung oder alternativ eine geringere als von der Landesanwaltschaft vorgeschlagene Kürzung der Bezüge.
Eine nachversicherte Rente fällt deutlich geringer aus als eine Beamtenpension
Sollte Fuchs das Ruhestandsgehalt auch in letzter Instanz aberkannt werden, drohen ihm empfindliche finanzielle Einbußen. Vor seiner Wahl zum Bürgermeister war Fuchs Beamter im gehobenen Dienst. Seine Pension liegt laut den Angaben in der Verhandlung in München bei 4850 Euro (brutto). Bleibt es beim Urteil, würde der Versorgungsträger (Kommune beziehungsweise die Versorgungskammer) Rudi Fuchs in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichern. Das heißt, die Rentenbeiträge (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil) würden für seine Berufsjahre als Beamter eingezahlt. Allerdings sind die Beiträge limitiert und zwar durch die sogenannte Beitragsbemessungsgrenze. Fuchs erhielt aber als Beamter und als Bürgermeister über viele Jahre hinweg ein Einkommen, das deutlich über dieser Grenze lag. Aus dieser Nachversicherung errechnet sich dann ein Rentenspruch. Selbst wenn über die gesamte Berufszeit mit den maximal möglichen Beiträgen nachversichert würde, liegt diese Rente nach einer Berechnung unserer Zeitung deutlich unter der Hälfte des Pensionsanspruchs.