Warum ernähren sich so viele vegan?
Essen ohne tierische Produkte wird immer beliebter. Was es früher nur in Bioläden gab, ist in großen Märkten erhältlich. Hinter dem Trend steckt eine neue Lebensweise
Ob auf den Etiketten von Lebensmitteln, in sozialen Netzwerken oder in Artikeln angesagter Magazine – vegane Ernährung begegnet einem immer öfter im Alltag. Mittlerweile leben in Deutschland laut einer Befragung des Instituts Skopos mehr als 1,2 Millionen Menschen vegan. Täglich, so Schätzungen, werden es 200 mehr. Seit 2010 stieg die Zahl der Anhänger um 15 Prozent. Sogar Stars wie die Schauspieler Anne Hathaway und Ben Stiller oder Schauspielerin und Sängerin Ariana Grande schlossen sich an.
Ursprünglich stammt der Veganismus vom Vegetarismus ab und geht auf den Briten Donald Watson zurück. 1944 rief dieser die Vegan Society ins Leben. Er hatte die Idealvorstellung einer Ernährungsform, die tierische Produkte komplett vermeidet und ausschließlich auf pflanzlichen Lebensmitteln basiert. Das heißt, neben Fisch und Fleisch verzichtet der Veganer auch auf tierische Erzeugnisse wie Milch, Eier und Honig. Dazu vermeidet er den Konsum von Lederwaren, Wolle oder Seide, welche auch in der Textilindustrie verwendet werden. Vegan zu leben, heißt aber auch, auf Inhaltsstoffe in Kosmetika zu achten. Das unterscheidet ihn also vom Vegetarier, dessen Verzicht sich nur auf Fleisch beziehungsweise Fisch beschränkt.
Aber ist das Veggie-Leben wirklich so gesund, wenn dem Körper Lebensmittel mit hohem Anteil an wichtigen Proteinen und Vitaminen vorenthalten werden? Laut VeganKoch und Bestsellerautor Attila Hildmann ist es das. „Es geht darum, hochwertige Alternativen zu finden, die auch genügend Aminosäuren liefern, wie Amaranth, Quinoa, Vollkornreis“, sagte er in einem Interview mit dem Spiegel.
Von Joghurt über Vollmilchschokolade bis hin zum Veggie-Burger – mittlerweile gibt es für Veganer unzählige Ersatzmittel, die Milchprodukte und sogar Fleisch ersetzen und damit den Umstieg in eine pflanzliche Ernährung leichter machen sollen. Bei der Herstellung ve- ganer Lebensmittel kommen unter anderem Soja und Lupine in verschiedenen Verarbeitungen zum Einsatz.
Manchen Studien zufolge soll der Veganismus Zivilisationskrankheiten wie Übergewicht, Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs vorbeugen. Nicht nur wegen des eigenen Wohlergehens, sondern vor allem aus ethischen Gründen wie der Liebe zu Tieren entscheidet sich eine immer größere Gruppe von Menschen für ein Leben auf pflanzlicher Basis. Sie wollen mit ihrem Konsumverhalten sowohl die Massentierhaltung bei Mast- und Schlachttieren als auch die Haltung von Hühnern und Kühen bei der Ei- und Milchproduktion nicht unterstützen.
Der Vegetarierbund Deutschland (Vebu) vertritt zudem die Ansicht, dass vegan lebende Menschen durch ihre fleischlose Ernährung einen aktiven Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz leisten, da die Fleischproduktion neben anderen Faktoren für schädliche Treibhausgase und Wassermangel verantwortlich ist und die Abholzung von Regenwald begünstigt.
Wer mit kritischem Blick zwischen den Supermarktregalen hindurchschlendert, hat wahrscheinlich bemerkt, dass das Angebot an veganer Kost immer größer wird. Auch der Einzelhandel und die Industrie versprechen sich also etwas davon. Lebensmittel, die vor einigen Jahren nur in wenigen Biomärkten zu ergattern waren, gehören heute oft zum Sortiment großer Supermärkte.
Im Jahr 2015 wurden laut einer Marktanalyse des Instituts für Handelsforschung (IFH) Gewinne in Höhe von 454 Millionen Euro verzeichnet. Das entspricht einem Anstieg von über einem Viertel im Vergleich zum Vorjahr.
Auf der Vebu-Internetseite wird Helmut Maucher, ehemaliger Generaldirektor von Nestlé, mit den Worten zitiert: „Der Trend ins Vegetarische ist unaufhaltsam. Vielleicht isst in 100 Jahren kein Mensch mehr Fleisch.“Fans von eher deftigem Frühstück mit Eiern und Speck werden das vermutlich nicht so gerne hören. »Lies mich!