Aichacher Nachrichten

111 Tage Trainer Baum

Fußball Die Tendenz des FC Augsburg zeigt in der Bundesliga seit Wochen nach unten. Ist daran der Trainer schuld? Eine Zwischenbi­lanz, was der 37-jährige gebürtige Niederbaye­r seit seinem Amtsantrit­t beim FCA bewirkt hat

- VON JOHANNES GRAF

Überrasche­nd hatte sich der FC Augsburg Mitte Dezember von Trainer Dirk Schuster getrennt. Der Fußball-Bundesligi­st beförderte Manuel Baum, seinen damaligen Leiter des Nachwuchsz­entrums, zum Cheftraine­r der Profimanns­chaft. 111 Tage bekleidet der 37-Jährige nun seinen Posten. Doch was hat der Fußballleh­rer bewirkt? Eine Zwischenbi­lanz vor dem wegweisend­en Heimspiel gegen den FC Ingolstadt (Mittwoch, 20 Uhr).

Was hat sich grundlegen­d verändert? Als sich der FCA von Schuster trennte, waren tiefe Gräben unübersehb­ar. Schuster verwehrte sich gegen eine Einmischun­g der sportliche­n Leitung und der Führungsri­ege. Präsident Klaus Hofmann warf ihm vor, sich nicht anzupassen und sich nicht weiterzuen­twickeln. Nachfolger Baum hingegen steht in engem Kontakt mit Manager Stefan Reuter und Sportdirek­tor Stephan Schwarz. Beispiel: Am Samstag besprachen sich Co-Trainer Alexander Frankenber­ger und Baum mit Reuter in der Pause auf der Ersatzbank, wie sie taktisch und personell in der Partie gegen den FC Bayern fortfahren sollten. Dass Baum Spieler schonte, segnete Reuter ab.

Wie hat die Mannschaft auf Baum reagiert? Überwiegen­d positiv. Baum leistet Überzeugun­gsarbeit und lobt, er bindet Führungssp­ieler in taktische Überlegung­en ein. Die Profis goutieren, man hätte nun einen Plan. Diesen müssen sie allerdings auf dem Rasen umsetzen. Nach der Pleite in München hieß es unisono, man habe es nicht geschafft, den Plan umzusetzen.

Was hat sich personell verändert? Augenschei­nlich setzt Baum auf eigenen Nachwuchs. Dieser wird nicht nur mit langfristi­gen Verträgen ausgestatt­et, er kommt ebenso in Bundesliga­spielen zum Einsatz. Kevin Danso ist nah dran am Stammspiel­erstatus, Raphael Framberger wird ebenfalls eine Bundesliga-Karriere zugetraut. Ob Spieler wie Tim Rieder, Julian GüntherSch­midt oder Marco Richter den Sprung tatsächlic­h schaffen, lässt sich nicht vorhersage­n.

Hat Baum die Mannschaft weiterentw­ickelt? Wie unter Schuster bleiben die Neuzugänge hinter den Erwartunge­n zurück. Marvin Friedrich war lange verletzt und spielt in der U23; Jonathan Schmid, Georg Teigl oder Takashi Usami haben ihre Verpflicht­ung bisher nicht gerechtfer­tigt; Winterneuz­ugang Moritz Leitner ist bisher ebenso wenig eine Verstärkun­g. Einzig Martin Hinteregge­r ist unumstritt­ene Stammkraft. Der Innenverte­idiger aus Österreich hat sich nach anfänglich­en Anpassungs­schwierigk­eiten stabilisie­rt. Was hat sich in der Spielvorbe­reitung verändert? Baum setzt auf moderne Medien. Aufgezeich­net werden nicht nur die Bundesliga­begegnunge­n, sondern auch die Trainingse­inheiten. Das eigene Videomater­ial – und das ihrer Gegner – laden sich die Spieler auf ihre Smartphone­s. Außerdem sind die Profis vor den Heimspielt­agen keine „Heimschläf­er“mehr, stattdesse­n nächtigt die Mannschaft in einem Hotel und fährt geschlosse­n im Bus zum Spiel.

Wie erklären sich die ständigen Wechsel in der Startelf? Baum hat mit dem ständigen Problem seines Vorgängers Schuster zu kämpfen: mit verletzten Profis. Darüber hinaus hat er mehrere Formatione­n ausprobier­t, in denen unterschie­dliche Spieler zum Zug kamen. Verfestigt hat sich ein 3-5-2 mit drei Innenverte­idigern und zwei Außenverte­idigern, die bei gegnerisch­em Ballbesitz eine Fünferkett­e komplettie­ren. Eine eingespiel­te Startelf gibt es nicht, unter Baum lief nie die Elf des vorangegan­genen Spieltags auf.

Welche Taktik verfolgt Baum? Prinzipiel­l soll die Ausrichtun­g offensiver sein, sie ähnelt dem Konzept von Ex-Trainer Markus Weinzierl. Mit Baums Worten ausgedrück­t: Der FCA will mutig auftre- ten. Der Plan: Druck auf die Gegenspiel­er ausüben, den Ball erobern und in den Offensivmo­dus umschalten. Dass dieses Vorhaben scheitern kann, zeigte sich in Begegnunge­n mit Mainz, Leverkusen, Schalke oder Bayern. Dass er gelingen kann, offenbarte­n Spiele gegen Gladbach, Dortmund oder Leipzig. Beim bisher letzten Sieg in Darmstadt verordnete Baum eine Defensiv-Taktik, die an Schusters Mauerwerk erinnerte, – und der FCA siegte 2:1.

Wie hat sich der Trainerwec­hsel auf die Ergebnisse ausgewirkt? Der FCA hat seitdem viermal gewonnen, dreimal unentschie­den gespielt und fünfmal verloren. Der Punkteschn­itt ist unter Baum (1,25 pro Spiel) leicht gegenüber der Zeit unter Schuster (1,0) gestiegen. Unter Baum kassiert der Klub mehr Gegentreff­er (2) als unter Schuster (1,14), wobei das 0:6 gegen die Bayern im Torverhält­nis schwer wiegt. Der FCA erzielt unter Baum aber auch marginal mehr eigene Treffer (1,08/0,78).

Warum steht der FCA trotz der ordentlich­en Punktausbe­ute auf einem Relegation­splatz? In einer „Baum-Tabelle“, die lediglich die Spieltage 15 bis 26 berücksich­tigt, stünden die Augsburger mit 15 Punkten auf dem 11. Tabellenpl­atz. Folglich ist die Bilanz durchschni­ttlich. Augsburg ist nach unten abgerutsch­t, weil die direkte Konkurrenz gegen den Abstieg permanent punktet. In der „Baum-Tabelle“belegen der Hamburger SV (4./20 Punkte), der VfL Wolfsburg (6./19) und Werder Bremen (7./18) vordere Ränge.

Wie stehen die Chancen, dass der FCA unter Baum die Liga hält? Manager Reuter begründete den Trainerwec­hsel unter anderem damit, dass man das Saisonziel Klassenerh­alt in Gefahr sah. Fest steht: Auch unter Baum könnte es verfehlt werden, der Relegation­splatz scheint nach dem 34. Spieltag möglich. Um direkt abzusteige­n, müsste so ziemlich alles schieflauf­en. Mit Pflichthei­msiegen, unter anderem gegen Ingolstadt und Hamburg, und ein, zwei positiven Überraschu­ngen sollte es für den direkten Verbleib in der Bundesliga reichen.

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Seit Mitte Dezember arbeitet Manuel Baum beim FC Augsburg als Cheftraine­r. Seine Zwischenbi­lanz fällt durchwachs­en aus, in der Bundesliga steht der FCA auf dem Relegation­splatz gegen den Abstieg.
Foto: Ulrich Wagner Seit Mitte Dezember arbeitet Manuel Baum beim FC Augsburg als Cheftraine­r. Seine Zwischenbi­lanz fällt durchwachs­en aus, in der Bundesliga steht der FCA auf dem Relegation­splatz gegen den Abstieg.

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