Die ersten Medizin Studenten haben noch keinen Campus
Weil die Gebäude erst errichtet werden müssen, ist an der künftigen Uniklinik anfangs Improvisation gefragt
Im Herbst 2019 werden die ersten Studenten ihre Ausbildung zum Arzt an der Uniklinik Augsburg beginnen. Das Problem: Der erste Abschnitt des neuen Medizin-Campus der Universität wird erst 2022/23 fertig. Bis dahin ist Improvisation gefragt. Hinter den Kulissen laufen an Klinikum und Universität die Vorbereitungen auf Hochtouren. „Zwei Jahre hört sich noch nach viel Zeit an, aber für das, was wir vorhaben, ist das nicht viel Zeit“, sagt Dr. Renate Linné, Projektleiterin am Klinikum für die Umwandlung zur Uniklinik. Die Internistin wechselte vor Jahren in den Bereich Unternehmensentwicklung, kennt also mehrere Seiten des Klinikbetriebs.
Bis das, was im Uniklinik-Konzept auf dem Papier steht, umgesetzt ist, ist noch eine Menge Arbeit zu erledigen. Ein Thema ist, dass Professoren und Studenten irgendwo unterkommen müssen – just in Zeiten, in denen am Klinikum aufgrund der Generalsanierung ohnehin vieles im Umbruch ist. In den nächsten Jahren wird mit der Renovierung des 14-stöckigen Hochhauses die wohl kniffligste Phase erreicht. Vermutlich wird das alte Kinderkrankenhaus an der Neusässer Straße vorübergehend Studenten aufnehmen.
Zur medizinischen Grundausbildung in den ersten Semestern gehört beispielsweise die Anatomie. Damit Studenten Leichen sezieren können, muss Platz für Tische da sein. Bis die neuen Gebäude mit den Sektionsräumen fertig sind, werden die anatomischen Lehrsäle in der bisherigen Pathologie im Keller (sie zieht in den Anbau-West, der 2018 fertig werden soll) untergebracht. Bis 2022 soll dann der erste Abschnitt des neuen Campus fertig sein.
Für 140 Millionen Euro entstehen bis zu acht Stockwerke hohe Gebäude für Forschung und Lehre samt Bibliothek, Mensa und Dekanat gleich neben dem Klinikum. In einem zweiten Bauabschnitt in Richtung der Stadtberger Wohngebiete entstehen niedrigere Gebäude, ebenfalls für Forschung und Lehre. Bis alle Gebäude stehen, werden etliche Jahre vergehen, wobei die Medizinfakultät nicht gleich mit Vollgas startet. Die MedizininformatikStudenten sollen schon zum Wintersemester 2018 beginnen. Sie werden aber auf dem Hauptcampus der Uni untergebracht. Wenn am Krankenhaus im Wintersemester 2019 die künftigen Ärzte ihre Ausbildung beginnen, geht es erst einmal mit 84 Studenten los.
In den folgenden zwei Jahren kommen jeweils weitere 84 dazu, ab dem etwa vierten Jahr werden 168 neue Studenten pro Jahr aufgenommen. Ihren Vollbetrieb mit 252 Erstsemestern jährlich wird die Medizinfakultät ab dem siebten oder achten Jahr aufnehmen. „Wir starten schrittweise. Unsere Messlatte ist: Wer ab 2019 kommt, der soll ein Studium in Augsburg weiterempfehlen können. Es darf keine ,verlorene Generation‘ geben“, sagt Linné. „Das hat uns der Wissenschaftsrat ins Buch geschrieben.“
Parallel geht es darum, das wissenschaftliche Konzept mit Leben zu füllen. Schon jetzt tagen Arbeitsgruppen von Uni und Klinikum regelmäßig rund um die Themen Forschung und Lehre. Zwar findet am Klinikum, das als kommunales Krankenhaus vor allem auf die Patientenversorgung ausgerichtet ist, schon Forschung statt. Um Uniklinik-Standard zu erreichen, wird das Thema aber massiv ausgebaut werden müssen.
„Das Großprojekt erfordert perfekte Sacharbeit. Über diese Aufgabe hinaus ist es mit am wichtigsten, die Erwartungshaltung und emotionale Ebene aller beteiligten Institutionen ständig auszutarieren“, sagt Linné. Nach und nach werden nun die insgesamt 80 Lehrstühle besetzt werden müssen – zum Teil mit Chefärzten, die schon da sind, zum Teil mit Professoren, die nach Augsburg berufen werden. „Wir rechnen damit, dass es acht bis zehn Jahre dauert, bis alles endgültig läuft“, sagt Linné. „Bis dahin sind wir in der Aufbauphase.“