Freundin gewürgt: Gefängnis oder nicht?
Staatsanwalt fordert neun Jahre Haft, Verteidiger wollen Bewährung
Man kann es dem Jurastudenten Alam Y., 22, abnehmen, dass er seine gleichaltrige Freundin Jessica (Name geändert) einmal aus ganzen Herzen geliebt hat, dass die junge Studentin die Liebe seines Lebens war. Staatsanwalt Matthias Neumann aber ist sich auch sicher, dass der aus Israel stammende Angeklagte eben jene Jessica auch gehasst hat, als sie sich von ihm trennte. Dass er voller Zorn und Wut war, als er sie am 4. August 2016 in ihrer Haunstetter Wohnung in Tötungsabsicht mit einem Messer attackierte, sie zweimal heftig würgte und ihr dann noch eine Flasche über den Kopf schlug. Der Ankläger ging am Donnerstag im Prozess vor dem Schwurgericht vom Tatbestand des versuchten Mordes und der gefährlichen Körperverletzung aus. Alam Y. soll neun Jahre hinter Gitter.
Der Angeklagte habe „mit absolutem Vernichtungswillen“gehandelt. Und das Opfer, das ihren Lebenswillen schon aufgegeben habe, habe es einer Kette glücklicher Umstände zu verdanken, dass sie noch lebe. „Sie hat viele Schutzengel gehabt“. Marion Zech, Anwältin des Opfers, schloss sich dem Staatsanwalt an und machte deutlich, dass die junge Frau schwer unter der Tat zu leiden habe. „Das Trauma wird sie lebenslang überschatten“.
In juristischer Hinsicht ganz anders beurteilten die beiden Verteidiger Simon Dauner und Jamil Azem die Tat, die sie aus der Sicht ihres Mandanten schilderten. Alam Y. habe weder mit Tötungsvorsatz gehandelt, noch habe bei der Attacke für das Opfer eine konkrete Lebensgefahr bestanden. Der Angeklagte sei noch einmal zu seiner Freundin gegangen, um ihr Schmuck zu überreichen, den ihm seine Eltern aus Israel als Geschenk geschickt hätten. „Er hatte null Absicht, ihr weh zu tun“. Dass ihr Mandant vor der Tat im Internet den „perfekten Mord“recherchierte, habe nichts mit einem Mordplan zu tun. Es sei seiner damaligen „schwierigen psychischen Situation“zuzuschreiben. „Er war innerlich zerrissen und verzweifelt“. Verteidiger Jamil Azem wies daraufhin, dass der Angeklagte der Studentin im Rahmen eines TäterOpfer-Ausgleichs bereits 5000 Euro überwiesen habe. Beide Anwälte ordneten das Tatgeschehen lediglich als gefährliche Körperverletzung ein. Sie hielten eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren für angemessen. In Anwesenheit seiner Eltern sagte Alam Y. sichtlich bewegt: „Was ich getan habe, ist nicht zu rechtfertigen. Ich habe aber nie geplant, sie umzubringen. Ich wollte sie nicht töten“. Das Schwurgericht unter Vorsitz von Michael Schneider wird das Urteil am kommenden Dienstag, 11. April, 11 Uhr, verkünden. (utz)