Aichacher Nachrichten

G9: Was sagen Eltern und Schulleite­r?

Bayerische Kinder sollen in Zukunft ein Jahr länger aufs Gymnasium gehen. Das sorgt für Freude, wirft aber auch Fragen auf

- VON ALEXANDER RUPFLIN

Peter Schwertsch­lager hat sich einfach gefreut: „Es ist so ein Tag, da ist man als Direktor mal richtig glücklich.“Er meint die Entscheidu­ng, dass ab dem Schuljahr 2018/2019 in Bayern wieder das neunjährig­e Gymnasium eingeführt wird. Der Direktor des St.-AnnaGymnas­iums ist von dem Mehr an Schulzeit seit langem überzeugt. Deswegen hatte er sich auch dafür eingesetzt, dass das Anna-Gymnasium schon seit 2015 Pilotschul­e für die „Mittelstuf­e Plus“ist. Die Schüler konnten dadurch die Mittelstuf­e in vier statt in drei Jahren durchlaufe­n. Für das St. Anna hält sich die nun bevorstehe­nde Umstellung an das neue System mit neun Jahren daher in Grenzen.

Trotzdem freut sich Schwertsch­lager. Für ihn ist der Beschluss zum neunjährig­en Gymnasium ein „Impuls der Politik für mehr Qualität und Tiefgang“an den Schulen. Jeder wünsche sich schließlic­h an Gymnasien ein hohes Bildungsni­veau. Dafür schaffe das zusätzlich­e Schuljahr nun zumindest den äußeren Rahmen. Dabei ist es Schwertsch­lager aber wichtig, dass mit Bildung vor allem auch die Persönlich­keitsentwi­cklung der Schüler gemeint wird. Darum bedeutet das wieder eingeführt­e G9 aus seiner Sicht auch keinen Rückschrit­t zu einem „alten“System. Vielmehr habe die Politik auf einen veränderte­n, komplexer werdendere­n Alltag reagiert.

Ähnlich optimistis­ch steht auch Christiane Sommer, Elternbeir­ätin im St.-Stephan-Gymnasium, dem Beschluss gegenüber. Sie gibt allerdings zu bedenken, dass es jetzt auf eine sinnvolle Reform der Oberstufe ankomme: „Darin besteht die tatsächlic­he Aufgabe für die nächsten Jahre.“Wichtig sei, nicht einfach das zusätzlich­e Schuljahr mit mehr Stoff zu füllen. Das bisher gelernte Wissen solle eher vertieft werden. Dazu sollten die Schüler die Möglichkei­t für ein Auslandsja­hr bekommen oder an längerfris­tigen Projekten arbeiten können.

Stephan Lippold dagegen, Schulleite­r des Peutinger-Gymnasiums, ist nicht ganz so euphorisch. Er findet die Entscheidu­ng für das G9 zwar ebenfalls richtig, weil dies „dem demokratis­chen Willen“entspreche. Man dürfe aber das achtjährig­e Gymnasium auch nicht verteufeln. Auch ohne das neunte Schuljahr habe man die letzten Jahre erfolgreic­h Schüler zum Abitur geführt. Außerdem stünden noch einige offene Fragen im Raum. Wie zum Beispiel gehe man mit einem Schüler um, der das Klassenzie­l nicht erreicht und vom G8 in das neue G9 rutscht?

Natürlich aber sehe auch er die Chancen des neuen Systems. Durch die mit dem neuen G9 eingeführt­e „Überholspu­r“(Abschluss nach acht Jahren) könne man individuel­ler nach dem jeweiligen Entwicklun­gsstand der Schüler lehren. „Mit manchen Schülern kann man eben schon mit 16 den Faust lesen“, sagt Lippold. Bei Kindern mit Migrations­hintergrun­d könne man hingegen, wenn nötig, mit einem zusätzlich­en Schuljahr sprachlich­e Defizite ausgleiche­n. „Denn niemand sollte aufgrund einer Sprachbarr­iere keine Chance auf ein Abitur haben.“

Wie soll das zusätzlich­e Jahr gefüllt werden?

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