Aichacher Nachrichten

Der Mensch ist Krise

Patrick Wengenroth über sein BB-Festival

- VON STEFANIE SCHOENE

Ein Brechtfest­ivalleiter hat es nicht leicht. Von allen Seiten unter scharfer Beobachtun­g soll er den roten Faden seines Programms klarer kommunizie­ren, eine Festivalze­ntrale einrichten, eine App mit Schauspiel­erbiografi­en programmie­ren, mehr Berühmthei­ten einladen, gleichzeit­ig die lokalen Theatergru­ppen einbinden und die Abonnenten des Augsburger Theaters als Zuschauer mitnehmen. Patrick Wengenroth respektier­t alle Wünsche, die bei einem Gespräch, zu dem der Augsburger Brechtkrei­s eingeladen hatte, zur Sprache kommen, und bleibt gelassen.

Der gebürtige Hamburger und heutige Berliner inszeniert in der Berliner Schaubühne und zahlreiche­n Stadttheat­ern, derzeit in Karlsruhe. Er ist es gewohnt, lokale Besonderhe­iten zu berücksich­tigen und dennoch sein eigenes Kunstverst­ändnis umzusetzen. Satt sein, sich zufriedeng­eben mit der eigenen Position geht nach Wengenroth nicht. „Der Mensch ist Krieg und Krise ist immer“– das Brecht-Zitat versteht er als Dauerauffo­rderung, nicht am Utopischen zu klammern, sondern die Widersprüc­he des Lebens zu zeigen.

So stürzte die für ein Theaterpub­likum provokante Doppeleröf­fnung des letzten Brechtfest­ivals in ein Dilemma: Wo teilnehmen - Inklusions­theater Ramba Zamba auf der Brechtbühn­e oder „Die Maßnahme“im Gaswerk? „Die Zuschauer mussten sich im Vorfeld mit beidem beschäftig­en und entscheide­n. Das spiegelt unsere Zerrissenh­eit“, so Wengenroth.

Fürs nächste Jahr zielt er wieder auf ein oder zwei Eigenprodu­ktionen. Neu ist die Idee, Tanz auf die Brechtbühn­e bringen. Das FestivalMo­tto wird ein Zitat aus dem „Fatzer“liefern. Brechts Textfragme­nt „Der Untergang des Egoisten Fatzer“dreht sich um den traumatisi­erten Soldaten Johann Fatzer, der im Ersten Weltkrieg desertiert.

Als Programmsp­ielorte gelten bisher neben den herkömmlic­hen Bühnen auch das Grand Hotel und der Provino Club als gesetzt. Da die Martini-Halle fertig sein wird, könnte sich ein lang gehegter Publikumsw­unsch erfüllen: eine Festivalze­ntrale, wenn auch eine mobile. Sie könnte sich tageweise im Dreieck Sensemble, Provino Club sowie dem Tim etablieren und würde so die Wanderbewe­gungen, die das Stadttheat­er machen muss, aufnehmen. Viel Zeit zur Planung bleibt nicht, sagt Wengenroth: Bis zum Sommer müssen die großen Events stehen, die flankieren­den kleineren Formate werden im Herbst fertig sein. Die Vielfalt des Programms will er erhalten: „Elfenbeint­urm-Theater ist nicht mein Ding. Die einzelnen Liveereign­isse sollen auch für sich stehen können und alle erreichen.“

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