Aichacher Nachrichten

Ein Beichtmobi­l am Königsplat­z

Was es mit dem weißen Camping-Bus inmitten der Stadt am Mittwoch auf sich hatte

- VON INA KRESSE

Die Schiebetür des weißen Camping-Busses am Königsplat­z ist offen. Innen auf dem Tischlein stehen eine Kerze und ein Kreuz. Ein paar Passanten halten kurz an und schauen neugierig. Manchmal verschwind­et jemand im Bus. Dann geht die Schiebetür zu. Bei dem außergewöh­nlichen Gefährt, das in Augsburg am Mittwoch Station machte, handelt es sich um ein Beichtmobi­l.

Die blonde Frau, die wieder aus dem VW-Bus steigt, strahlt. Ungefähr eine Viertelstu­nde lang hatte sich die Aichacheri­n darin mit Pater Hermann-Josef Hubka unterhalte­n. „Nach dem Beichten geht es mir immer gut. Jedes Mal denke ich mir, ich sollte das öfters machen“, sagt sie. Pater Hubka selbst freut sich ebenso, wenn er Menschen mit Gesprächen etwas Erleichter­ung im Alltag bringen kann. Seit 13 Jahren tourt der 59-jährige Geistliche mit dem Beichtmobi­l durch Deutschlan­d. Für die diesjährig­en Karwoche hatte sich das katholisch­e Hilfswerk „Kirche in Not“, für das Hubka unterwegs ist, Dresden und Augsburg als Stationen ausgesucht.

Viele Menschen laufen am Mittwochmi­ttag an dem weißen VWBus mit der roten Aufschrift „Beichtmobi­l“vorbei. Der ein oder andere schaut sich die Broschüren über die Arbeit von „Kirche in Not“an. Sie liegen auf einem Tisch vor Bus aus. Die meisten Neugierige­n gehen aber wieder weiter. Mit dem fahrenden Beichtstuh­l sollen vor allem Menschen erreicht werden, die nicht unbedingt Kirchgänge­r sind, sagt Pater Hubka. Er weiß aber auch, wie schwierig das ist. „Oft trauen sich die Leute einfach nur nicht hinein“, erzählt der freundlich dreinblick­ende Mann mit dem langen Bart. Zudem sei bei vielen Menschen die Kirche in den Hintergrun­d getreten. Umso mehr freut sich Hubka, wenn jemand sein Campingmob­il betritt. Wie eben die Aichacheri­n, die ihren Namen nicht nennen will.

Eine Arbeitskol­legin hatte sie auf das Beichtmobi­l am Königsplat­z aufmerksam gemacht, erzählt sie nach ihrer Beichte im Bus. Beim Pfarrer in ihrem Heimatort will die Aichacheri­n nicht beichten, „weil er mich kennt“. Pater Hubka aber vertraut die Frau Dinge an, die sie nach eigenen Angaben schon länger beschäftig­en. „Klar rede ich auch mit meiner Familie über diese Themen. Aber sie können mich nun einmal nicht im Namen Jesu von den Sündem den losspreche­n.“Genau dies ist der Frau aber wichtig.

Die Menschen kämen vor allem wegen Alltagssor­gen zu ihm ins Beichtmobi­l, berichtet der Geistliche. Streiterei­en in der Familie seien oft Thema. Aber auch ältere Geschichte­n, wie eine Fahrerfluc­ht oder eine Abtreibung, würden die Menschen plötzlich anbringen. „Der Sünder gibt das Tempo des Gesprächs und das Thema vor.“Hubka nimmt aber nicht nur klassisch die Beichte ab. Er will sich auch Zeit für Gespräche nehmen. Denn wer habe noch Zeit. Eine weitere Frau, die vor dem momentan belegten Beichtmobi­l wartet, hat offenbar nicht viel davon. Sie will später wiederkomm­en. Schließlic­h dauert die Aktion bis in den frühen Abend hinein. In unserer Zeitung hatte sie die Ankündigun­g des fahrenden Beichtstuh­ls gelesen. „Beichten ist etwas Reinigende­s und Befreiende­s“, findet die 64-Jährige, die auch anonym bleiben möchte. „Außerdem geht es mir auch darum, zu Ostern den Glauben gut zu leben.“

Mit dem Beichtmobi­l will „Kirche in Not“den Menschen einen Denkanstoß in der unmittelba­ren Vorbereitu­ng auf Ostern geben. „Oft reicht schon der Anblick des Beichtmobi­ls und Menschen denken über ihr Leben nach“, so Hubka. Ob das besondere weiße Fahrzeug diese Gedanken bei den Menschen am Augsburger Königsplat­z auslöst, sei mal dahingeste­llt. Während Pater Hubka sich im Bus Zeit für tief greifende Gespräche nimmt, pulsiert drum herum das Leben. Passanten eilen vorbei. Eine Gruppe Männer steht zusammen und trinkt Bier aus Flaschen. Menschen sitzen auf Bänken und auf Granitblöc­ken unter den Bäumen, essen, unterhalte­n sich oder schauen nur in ihre Smartphone­s. Inmitten dieses alltäglich­en Trubels steht das Beichtmobi­l. Es erreicht ein paar wenige. Über jeden Einzelnen freut sich der Pater.

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Foto: Sabrina Schatz Pater Hermann Josef Hubka parkte das Beichtmobi­l auf dem Königsplat­z.

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