Hier kommt die Kunst!
Die Friedberger Osterausstellung macht das Publikum zum Kunstwerk und wartet in der Stadthalle mit Überraschungen auf
Ups, ist da etwas verschwunden? Die Augsburger Künstlerin Ingeborg Prein vermisste eine ihrer Skulpturen, als sie zur Vernissage der Friedberger Kunstausstellung kam. „Bergland“war da, aber „Gipfel“? Fehlanzeige. Vergessen? Gestohlen? Weit gefehlt. Die Organisatorin Rose Maier Haid hatte sich nur einmal wieder etwas Besonderes einfallen lassen, um die fast 100 Gäste aus dem üblichen Vernissagen-Modus (Small Talk, lange Reden, Gläschen Sekt, Small Talk ...) herauszuholen, bei dem den meisten Beteiligten erst gegen Ende auffällt, dass es da am Rande ja noch was gab – die Kunst nämlich.
In der Aula der Stadthalle, während der Osterferien tatsächlich eine Kunsthalle, kam die Kunst zu den Leuten. Von Helfern mit weißen Handschuhen liebevoll getragen, hatten Bilder und Skulpturen ihren Auftritt wie Mannequins auf dem Catwalk. Maier Haid sagte denn auch in ihrer Eröffnungsrede: „Wir bringen Kunst in Bewegung und möchten sie in die Seelen der Menschen hineintragen.“Wir, das ist in diesem Fall auch eine fünfköpfige Jury, die aus 220 eingereichten Werken 70 herausfilterte, die Kraft und Zartheit, Gewagtes und Gewitztes verkörpern.
Die 48 Bilder, 14 Plastiken und acht Objekte stammen von 59 Künstlern aus der nahen und weiteren Umgebung und beweisen durchweg hohes künstlerisches Niveau. Bei den Gästen der Vernissage kam das gut an.
Vielfalt und farbliche Auswahl gefallen Ursula Paßreiter, Kunster- zieherin an der Realschule Friedberg, dieses Jahr besonders gut. In der Tat sind Bilder jeglicher Technik, Skulpturen in vielen Stilrichtungen und Materialen zu entdecken. Die Kemptener Malerin Brigitte Dorn, die selber das Porträt „Fokussiert“in der Schau hat, gefällt die Präsentation der Stücke besonders. „Es ist schön und locker gehängt“, betont sie – so können die Werke ihre Wirkung entfalten. Bürgermeister Roland Eichmann, der sich auch in der eigenen Wohnung gerne mit Kunst umgibt, warb bei den Gästen dafür, Kunstbesitzer zu werden: „Bilder an der Wand bringen Zins in täglicher Freude. Das ist eine gute Investition“, sagte er – und erstarrte. Denn wie die anderen Besucher der Vernissage wurden Bürgermeister, Stadträte und Künstler zu einem „Gesamtkunstwerk“als Maier Haid sie plötzlich bat, drei Minuten in der augenblicklichen Position zu verharren – sei es mit dem erhobenen Glas in der Hand, sei es beim Binden eines Schnürsenkels. „Jeder ist Kunst, kann Kunst“, ist schließlich das Credo der unermüdlichen Friedbergerin.
Die Besucher machten brav mit, auch wenn es nicht allen gleich leicht fiel, stillzuhalten. „Das Gewicht hatte ich auf einen Fuß verlagert, das war drei Minuten lang nicht so einfach zu halten“, sagte etwa Ingeborg Prein. Kunst machen ist eben nicht immer so leicht, wie es aussieht. Doch: „Eine sympathische und pfiffige Idee. Besser als lange Reden. Es hat etwas, bei so einer interaktiven Aktion dabei zu sein“, lobte die Augsburgerin Ute Conrad, deren Mann Hannes Conrad mit „Baumtango“in der Schau vertreten ist. Renate Franke stimmte zu. Sie ist Stammgast der Ausstellung, der sie, wie andere Vernissagegäste auch, bescheinigte „noch besser als sonst“zu sein.
Der Ausstellung, die bis Ferienende läuft, sind viele Besucher zu wünschen. Denn Kunst, so Maier Haid, wende sich gegen die Verrohung der Welt, schaffe innere Bilder, die dem Negativen entgegentreten. Und von dem gibt es ja gerade leider mehr als genug.
Termine Die Kunstausstellung läuft vom 9. bis 23. April in der Stadthalle. Öffnungszeiten sind Montag bis Samstag 14 bis 18 Uhr, Sonn und Feiertag 10 bis 18 Uhr. Eintritt frei. Sonderveran
staltungen Am 20. April um 15 Uhr gibt es eine Malaktion für Kinder, am sel ben Tag um 20 Uhr einen Kunsttiefblick bei Taschenlampenlicht für Erwachsene.