Aichacher Nachrichten

Kramerin aus Leidenscha­ft

Birgit Ostermayr steht seit 14 Jahren fast täglich in ihrem Tante-Emma-Laden in Obergriesb­ach. Manchmal deckt er nicht mal die Kosten. Dennoch denkt sie gar nicht erst ans Aufhören

- VON MICHAEL KIENASTL Foto: Michael Kienastl

Frisches Obst und Gemüse, Backwaren und Käse: Die Kramerin Birgit Ostermayr hat nahezu alle Lebensmitt­el da, die ihre Kunden zum täglichen Bedarf benötigen. Fast jeden Tag steht sie in ihrem Laden in Obergriesb­ach. Die Kunden danken es ihr, wie eine Frau bestätigt, die gerade einen kleinen Einkauf erledigt: „Ich komme fast jeden Tag vorbei und kaufe fast alles hier. Ich bin froh, dass es diesen Laden gibt.“Neben Zeitungen und Zigaretten gibt es auch eine Poststelle, die von den Obergriesb­achern oft genutzt wird.

Ostermayrs Klientel ist jung wie alt. Eine Zusammenar­beit besteht unter anderem mit der Grundschul­e in Griesbecke­rzell – selbst Schulhefte kann man bei der Kramerin kaufen. Auch bei Festen jeglicher Art und zum Beispiel bei Heimspiele­n des SV Obergriesb­ach liefert Ostermayr ihre Lebensmitt­el – hier hauptsächl­ich Getränke. Ohne Idealismus würde es nicht gehen. Das ist Ostermayr bewusst. Sie sagt: „Wenn man da nicht mit dem Herz dabei ist, kann man es gleich bleiben lassen.“

Manchmal ist die gelernte Bürokauffr­au schon froh, wenn zumindest die Kosten gedeckt sind. Trotzdem kommt kaum Frustratio­n auf. Sie kennt fast alle ihre Stammgäste mit Vornamen und ist froh, wenn sie ihren Teil zum Leben in der 2000-Einwohner-Gemeinde beitragen kann. Dazu kommt, dass sie auch über das Kaufverhal­ten der Kunden Bescheid weiß und somit im Normalfall besser kalkuliere­n kann. Sie weiß genau, welche Zigaretten­sorte geraucht wird und wer welchen Geschmack hat.

Ostermayr erzählt: „Privat bin ich eher ruhig, aber hier blühe ich auf. ist auch wichtig, dass ich das Ganze für die Menschen hier mache.“

Bundesweit sind Läden wie der ihre auf dem Rückzug. Wie wichtig sie aber für das kommunale Leben sind, weiß Obergriesb­achs Bürgermeis­ter Josef Schwegler: „Es ist klar, dass jeder Dorfladen ums Überleben kämpft. Aber da er für die Infrastruk­tur im Ort so wichtig ist, muss die Bevölkerun­g den Lebensmitt­elladen auch unterstütz­en, indem sie nicht für jeden Einkauf nach Dasing oder Aichach fährt.“

Auch Schwegler betont, dass kleinere Läden den Vorteil hätten, viel besser auf individuel­le Wünsche eingehen zu können. Regionalit­ät ist Ostermayr wichtig. Sowohl die täglichen Backwaren als auch die Molkereipr­odukte stammen aus dem Umland. Beides kommt bei den Kunden besonders gut an. Den Rest kauft sie zweimal wöchentlic­h im Großhandel.

Das geht, weil sie von zwei Mitarbeite­rinnen unterstütz­t wird. Durch sie hat sie gelegentli­ch die MöglichMir keit, in den Urlaub zu fahren. Der Laden selbst ist – bis auf Sonn- und Feiertage – immer geöffnet. Zuletzt war sie mit ihrer Familie im August des vergangene­n Jahres für einige Tage in den Bergen. Ostermayr erzählt: „Mehr als eine Woche weg bin ich aber nie. Das könnte ich auch gar nicht.“

Bereits seit 1973 gibt es den Lebensmitt­elladen in Obergriesb­ach. Gebäudeeig­entümer ist Matthias Schormair. Er führte früher den Laden und wohnt auch heute noch über dem Geschäft. Ostermayr gehört der Laden seit 14 Jahren, vorher hat sie dort stundenwei­se gearbeitet. Nun ist sie Mieterin. Die ersten Jahre lief es für ihr Geschäft gut, mittlerwei­le ist ein leichter Rückgang zu verzeichne­n. Weil sie weiß, dass die Leute im Sommer mehr kaufen als im Winter, führt eine kürzere Durststrec­ke bei ihr auch nicht zu Gedanken, den Laden aus der Hand zu geben: „Dafür mache ich das Ganze viel zu gerne. Der Laden ist wie eine Droge für mich.“

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Seit 14 Jahren betreibt Birgit Ostermayr den Tante Emma Laden in Obergriesb­ach. Geschäfte wie ihres werden immer seltener.

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