Aichacher Nachrichten

Attacke auf Stuttgart Fans

Im April 2016 gewinnt Augsburg zu Hause gegen den VfB. Nach dem Spiel treffen vor einem Dönerimbis­s Anhänger beider Mannschaft­en aufeinende­r. Das aggressive Verhalten einiger FCA-Fans beschäftig­te nun die Justiz

- VON JAN KANDZORA

Es war wohl der Schal, der sie wütend machte. Ein Fanschal des Fußball-Vereins VfB Stuttgart, den Peter F.* an diesem Tag im April 2016 trug. Kein guter Tag für StuttgartF­ans, der VfB verlor in Augsburg mit 0:1. Erst recht kein guter Tag für Peter F. und seine Freunde, die das Spiel im Stadion sahen und danach mit der Straßenbah­n in Richtung Innenstadt fuhren. An einem Imbiss machten sie halt, die Freunde von Peter F. wollten noch Döner essen; F. wartete draußen.

Nebenan hatten einige FCA-Fans das Spiel in einer Kneipe geschaut. Zwei von ihnen kamen raus, sahen den Mann mit dem Stuttgart-Schal, gingen wieder rein – und kehrten kurz darauf mit etlichen weiteren Augsburg-Anhängern zurück. Eine große Gruppe, vielleicht zehn bis 20 Mann, wie sich F. im Gerichtssa­al erinnert. Allesamt schwarz gekleidet und offenbar keine ganz unproblema­tische Klientel: Mindestens zwei von ihnen schauten das Spiel in der Kneipe, weil sie Stadionver­bot in der Fußball-Arena hatten, wie sich in der Verhandlun­g herausstel­lte. Jemand aus der Gruppe riss dem Stuttgart-Fan den Schal weg, der auch einen Schlag abbekam, wie er als Zeuge im Prozess schildert. Als seine Freunde ihm zu Hilfe eilten, wurde einer von ihnen ebenfalls geschlagen. Die Lippe des Freundes platzte auf, er blutete.

Gut ein Jahr später kommt es nun vor dem Augsburger Amtsgerich­t zur Verhandlun­g. Vor dem Jugendschö­ffengerich­t unter Vorsitz von Ortrun Jelinek sitzen fünf FCAFans im Alter zwischen 17 und 35 auf der Anklageban­k, die von den Anwälten Udo Reissner, Hansjörg Schmid, Reinald Lindenmeir, Moritz Bode und Martina Sulzberger vertreten werden. Wie oft in solchen Fällen ist die Lage unübersich­tlich. Die Situation um die Gruppe der FCA-Fans war hektisch, einige von ihnen waren massiv alkoholisi­ert. Keine ganz einfache Aufgabe für das Gericht, herauszufi­nden, wer genau was und wann gemacht hat.

Was klar wird: Wie geschockt die Stuttgart-Fans von der Attacke waren und bis heute sind. Er habe draußen die Sonne genießen wollen, sagt Peter F., mehr nicht. Ein weiterer Zeuge spricht von einer „Drohkuliss­e“, die von den schwarz gekleidete­n Augsburg-Anhängern ausgegange­n sei.

Drei Angeklagte schweigen, zwei lassen über ihre Anwälte Erklärunge­n verlesen. Ihr Mandant, ein 20-Jähriger, räume die gefährlich­e Körperverl­etzung ein, sagt Verteidige­rin Sulzberger. Der 20-Jährige habe an dem Tag viel getrunken, es tue ihm leid, dass jemand verletzt worden sei. Die Staatsanwa­ltschaft legt den Angeklagte­n ursprüngli­ch auch Raub zur Last, da der Fanschal des Stuttgart-Anhängers entwendet wurde. Von dem Schal wisse ihr Mandant allerdings nichts, sagt Sulzberger. Anwalt Moritz Bode erklärt für seinen Mandanten, dieser räume ein, in die Auseinande­rsetzung involviert gewesen zu sein, habe aber selber nicht zugeschlag­en.

Letztlich verurteilt das Gericht die zwei Angeklagte­n, die geständig waren, zu jeweils sechs Monate auf Bewährung. Hier ist das Urteil bereits rechtskräf­tig. Ein 24-jähriger Angeklagte­r bekommt eine Haftstrafe von acht Monaten auf Bewährung. Der 17 Jahre alte FCA-Fan wird nach dem Jugendstra­frecht verurteilt und erhält einen Freizeitar­rest. Das Verfahren gegen den 35-jährigen Angeklagte­n wird eingestell­t. Es hätte für die Angeklagte­n deutlich dicker kommen können. Das Gericht sieht nur den Vorwurf der gefährlich­en Körperverl­etzung erfüllt. Raub ist ein Verbrechen mit einer Mindeststr­afe nicht unter einem Jahr. *Name geändert

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