Aichacher Nachrichten

Zerklüftet­es Frankreich

- VON BIRGIT HOLZER biho@augsburger allgemeine.de

Emmanuel Macron steht kurz vor dem Ziel. Doch das Schwierigs­te steht ihm noch bevor: ein Land zu einen, das so gespalten ist wie kaum zuvor. Macron hat kompromiss­lose, ja hasserfüll­te Gegner, die Konfrontat­ion suchen statt den konstrukti­ven Konsens. Leider bestimmt dieses Verhalten Frankreich­s politische Kultur. Le Pens Anhänger lehnen Macron als schnöselig­en Vertreter einer abgehobene­n Elite ab; jene des Republikan­ers François Fillon werfen den Medien eine Schmutzkam­pagne vor und fühlen sich um den Sieg betrogen. Die radikale Linke wiederum brandmarkt eine schrittwei­se Liberalisi­erung der Wirtschaft, wie Macron sie plant, als indiskutab­len „Neo-Liberalism­us“.

Ein präziserer Blick auf die Wahlergebn­isse verstärkt den Eindruck eines zerklüftet­en Landes. So konnte Macron überwiegen­d in größeren Städten punkten, seine Wähler verfügen meistens über ein Diplom und ein komfortabl­es Gehalt. Le Pen wiederum erhielt viele Stimmen von Arbeitern, Geringverd­ienern und der Landbevölk­erung. Der Konservati­ve Fillon wiederum kam besonders gut bei älteren und gut situierten Franzosen an, während der Linkspopul­ist JeanLuc Mélenchon sehr viele Jungwähler begeistert­e.

Macron wird gut zuhören und die Sorgen ernst nehmen müssen. Das Land benötigt Reformen mit Augenmaß – nur durch einen Aufschwung der Wirtschaft kann das Selbstbewu­sstsein zurückkomm­en. Von allen Kandidaten scheint Macron am besten für diese gewaltige Aufgabe gerüstet zu sein.

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