Aichacher Nachrichten

Petrus schwätzt schwäbisch

Wie nach Jahrhunder­ten in St. Moritz ein altes Stück auflebt

- VON ALOIS KNOLLER Foto: Zoepf

„Johannes, tua g’mach! I bin an alter, glatziger Mann, du woischt, dass i net laufa kann.“In der Moritzkirc­he schwätzen die Apostel an diesem Abend im bayerisch-schwäbisch­en Dialekt. Drollig klingen ihre Dialoge und führen plastisch die Charaktere der Sprecher vor Augen. Rezitiert werden hier die Verse eines Augsburger Osterspiel­s, das zu Ende des 16. Jahrhunder­ts vermutlich im Dom aufgeführt worden ist. 500 Jahre später haben die Verse an Frische nichts verloren.

Eine eigenartig­e Spannung entsteht im ausverkauf­ten Kirchenrau­m. Denn der musikalisc­he Part des Osterspiel­s klingt ganz anders als der gesprochen­e. Statt volkstümli­chem Schwäbisch schwebt Latein in feinziseli­erten Choralmelo­dien durch die Gewölbe, wenn die Frauenscho­la des Ensembles Per-Sonat mit Leiterin Sabine Lutzenberg­er, Christine Mothes und Malin Eiband zum Singen anhebt. Ihr erhabener Ton ist direkt dem Gottesdien­st der Kathedralk­irche entnommen. Mit venezianis­cher Eleganz fügen sich die reich verzierten, wenn auch herb klingenden Instrument­alteile von Fiedel und Laute ein. Immer wieder wechselt das Spiel zwischen beiden Seiten. In St. Moritz gehen beide Bereiche offen ineinander über, was eine stilistisc­h sehr geschlosse­ne Aufführung ermöglicht.

Drei Szenen malt das Osterspiel aus. Die drei Frauen sind noch erfüllt von Trauer und Kümmernis, als sie zum Grab gehen. „Ich wollt selbst lieber sterben“, klagt Maria Magdalena, ehe sie die Erlösung durch Pein und Kreuz für die Zuhörer fromm betrachtet. Nachdem sie des leeren Grabs mit den abgelegten Leichentuc­h ansichtig war, resümiert sie altertümli­ch: „Nach ihm stand all meins Herzens Gehr.“Mindestens ebenso zerknirsch­t machen sich Petrus („welch Übles hab ich getan!“) und Johannes zum Grab auf - freilich in dem ungleichen Osterwettl­auf des Jungen und des Alten. Der zweifelnde Thomas ergibt die dritte Szene und eine intime Begegnung mit dem auferstand­enen Jesus, den Pfarrer Helmut Haug voll milder Güte spricht. Klaus Müller als Regisseur hat die Sprecher bestens in ihre Rollen eingeführt. Nach einer Stunde quillt das warme Licht aus allen Ritzen und Rundungen der Moritzkirc­he und das Jubellied „Christ ist erstanden“bestätigt die Glaubensbo­tschaft. Starker Applaus.

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Sabine Lutzenberg­er.

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