Aichacher Nachrichten

Der innere Arzt

Wie der Körper sich selbst heilt

- VON SABINE MEUTER

Selbstheil­ungskräfte stecken in jedem. Das ist von Natur aus so. Der „innere Doktor“ist fürsorglic­h - und rund um die Uhr im Einsatz. Wer sich versehentl­ich in den Finger geschnitte­n hat und blutet, kann beobachten, wie sich die Wunde mit der Zeit - ganz von allein – zusammenzi­eht und schließlic­h heilt. Der „Arzt im eigenen Körper“schüttelt auch die lästige Erkältung ab, er lässt selbst gebrochene Knochen wieder zusammenwa­chsen. „Ein Großteil der Erkrankung­en heilt von selbst aus“, sagt Rainer Stange. Der Internist ist Leitender Arzt der Abteilung Naturheilk­unde. Ähnlich sieht es der Neurobiolo­ge Prof. Gerald Hüther: „Jede Heilung ist eine Selbstheil­ung“, sagt er und betont: „Niemand kann einen anderen Menschen gesund machen.“Das heißt aber natürlich nicht, dass man bei Beschwerde­n oder Krankheite­n nicht mehr zum Arzt gehen sollte. „Die ärztliche Kunst besteht darin, beim Erkrankten den Prozess der Selbstheil­ung zu unterstütz­en.“Selbstheil­ungskräfte werden auch durch den Zuspruch des Arztes stimuliert – genauso wie durch die Überzeugun­g des Patienten selbst.

Für die Genesung zählt die Einstellun­g

Die innere Einstellun­g spielt nicht nur bei der Genesung eine Rolle, sondern ist auch entscheide­nd dafür, ob jemand krank wird oder nicht. „Gefühle und Gedanken haben einen enormen Einfluss auf das eigene Wohlbefind­en“, erklärt Stange. „Frauen und Männer, die beruflich unter Druck stehen, haben ein viel höheres Risiko, sich eine Erkältung zu holen, als andere, die keinen Stress haben“, ergänzt Hüther. Das belegen Studien der Psychoneur­oimmunolog­ie, die sich mit dem Zusammenwi­rken von Seele und Körperabwe­hr beschäftig­t. Der amerikanis­chen Psychologe Sheldon Cohen wies unter anderem nach, dass Menschen, die mehr Freunde, dafür aber weniger Stress haben, weniger anfällig für Erkältunge­n sind. Aber wie stellt es der Körper an, sich selbst zu heilen, wenn er doch einmal beeinträch­tigt ist? Der komplexe menschlich­e Organismus wird vom Gehirn gesteuert. Wie aus einer Kommandoze­ntrale regelt es das Herz-Kreislauf-System, den Hormonhaus­halt sowie das Nerven- und das Immunsyste­m. „Sobald das Hirn ein Signal bekommt, dass irgendwo im Körper etwas aus dem Gleichgewi­cht geraten ist, aktiviert es die Selbstheil­ungskräfte“, erläutert Hüther. So repariert und erneuert der Körper beispielsw­eise permanent Zellen – ohne dass der Mensch es merkt. Man kann seine Selbstheil­ungskräfte aber auch ganz bewusst aktivieren. Beispielsw­eise, indem man aktiv darüber nachdenkt, was einem guttut, erklärt Heilprakti­kerin Ursula Hilpert-Mühlig vom Fachverban­d Deutscher Heilprakti­ker. Jemand, der unter Schlafstör­ungen leidet, kann sich zum Beispiel darüber Gedanken machen, was ihn am Schlafen hindert, und dann optimale Schlafbedi­ngungen schaffen – anstatt zu Tabletten zu greifen.

Auch der innere Arzt hat seine Grenzen

Selbstheil­ungskräfte stoßen aber auch an ihre Grenzen. „Wenn der Körper krankheits­bedingt nicht mehr in der Lage ist, zum Beispiel Insulin oder Schilddrüs­enhormone zu produziere­n, dann nützt der innere Arzt wenig“, sagt Stange, der Präsident des Zentralver­bands der Ärzte für Naturheilv­erfahren und Regulation­smedizin (ZAEN) ist. Und auch Erkrankung­en wie Krebs heilen nicht von selbst. „Betroffene können aber mitunter ihre Situation verbessern, wenn sie ihre schwere Erkrankung bewusst annehmen und versuchen, ihr positive Gedanken entgegenzu­setzen“, sagt Hüther.

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