Feurige Avantgarde
Das neue „Ensemble SoundLeaks“im MAN-Museum
Mit Neuer Musik im 4. Kammerkonzert der Augsburger Philharmoniker wartete das neu gegründete „Ensemble SoundLeaks“im MANMuseum auf. Auf Initiative von Johannes Gutfleisch soll das Ensemble der Avantgarde eine institutionalisierte Heimat bieten. Der Cellist will mit dieser Gründung Aufführungen nicht mehr von zufälligen Gelegenheitsprojekten abhängig machen. Mit einem Stamm von rund zwölf Instrumentalisten wird jetzt auf Projekte hingearbeitet, etwa auf einen Auftritt beim Mozartfest am 24. Mai.
Das Debütkonzert war bestens besucht, auch Intendantin Juliane Votteler war begeistert, Generalmusikdirektor Domonkos Héja selbst dirigierte das letzte der vier Werke. Johannes Gutfleisch stand bei zwei Kompositionen mit größeren Einsätzen für Streicher am Pult.
Diese Stücke des bedeutenden Koreaners Ysang Yun (1917 - 1995) und des Kanadiers Claude Vivier (1948 - 1983) gehen von ähnlichen Konstruktionsprinzipien aus. Yuns „Tapis“(1987) und Viviers „Zipangu“(1980) verbinden Bauteile aus Farbflächen und motorischen Elementen zu organisch changierenden Ereignissen. Yun lässt dabei Klänge seiner östlichen Heimat teilweise in westlicher Formensprache gerinnen. Auch Vivier experimentiert spannungsvoll in „Zipangu“(so wurde Japan einst genannt) mit den exotischen Klangmöglichkeiten der Streichinstrumente.
Noch raffinierter exerziert Tobias PM Schneid (*1963) das Herausfordern des speziellen Potenzials und des Klangparfüms der Saiten im 1. Streichquartett „Versuch über Vergangenes“. In Ton-Netzen vom fast nicht mehr hörbaren vierfachen Pianissimo haben Pizzicati oder Sforzato-Akzente geradezu die Wucht eines Tutti-Orchesters. Wie er Splitter der klassischen Musik aufblitzen lässt, dem Hörer etwa zu faszinierenden Schubert-Déjà-vus verhilft, war von abgefeimtem Raffinement. Mariko Umae, Iva Ciglenecki, Christian Döring und Johannes Gutfleisch leisteten Großartiges.
Der Clou des Abends war das von Domonkos Héja dirigierte Concertino für Horn, Percussion und Streicher von Daniel Schnyder (*1961). Der in New York lebende Schweizer Komponist entfacht einen mitreißend swingenden, vor rhythmisch furiosen Tänzen schier berstenden Trip durch die multikulturell siedende Umgebung – Latino, Jazz, freie Eruption. Die Hornistin Katharina Hauf und Percussionist Severin Stitzenberger waren ebenso feurige wie stoisch unbeirrbare Interpreten, geleitet von Héjas zwingendem Dirigat.
Die Philharmoniker-Streicher brillierten in allen Stücken.