Aichacher Nachrichten

Nach dem Feuer sitzt der Schock tief

Die Nachbarn berichten, wie sie die Bewohner gerettet haben. Ermittler suchen nach der Brandursac­he in Kissing. Sie bitten Bürger um Hilfe, die fotografie­rt oder gefilmt haben

- VON FELICITAS LACHMAYR

Ein beißender Geruch nach Ruß und Verbrannte­m liegt in der Luft, ein verkohlter Balken hängt etwas schief vom Gebälk, und die geschmolze­ne Dachrinne hängt fast haltlos an der Hausmauer herunter. Bizarr: Nur ein paar bunte Blümchen auf dem Fensterbre­tt verleihen diesem schrecklic­hen Anblick etwas Farbe. Denn ansonsten ist die rechte Hälfte des Wohnhauses in der Ehgartenst­raße in Kissing kohlrabens­chwarz. Am Freitagabe­nd stand das Haus in Flammen.

„Ich saß gerade im Wohnzimmer, als es plötzlich ein paar Mal laut knallte und alles in gelblich-rotem Licht leuchtete“, erinnert sich Fritz Schlichthä­rle. Er wohnt im Haus nebenan und hat den Brand direkt miterlebt. „Als ich gesehen habe, dass aus der Hütte vor dem Haus drei Meter hohe Flammen loderten, bin ich sofort rausgelauf­en. Da standen schon ein paar junge Leute, die die Feuerwehr gerufen hatten.“Bevor diese eintraf, habe es schon aus dem Wohnhaus herausgera­ucht. „Der Wind zog Richtung Osten“, erzählt Schlichthä­rle. „Die Flammen sind rasend schnell auf das Wohnhaus übergespru­ngen.“

Die Bewohner des Hauses, eine 77-Jährige und ihr 73-jähriger Ehemann, entkamen den Flammen nur knapp. „Der Mann kam herausgela­ufen und hat noch das Auto, das bereits Feuer gefangen hatte, weg- gefahren“, sagt Schlichthä­rle. Aber die Frau sei nicht mehr vom Grundstück gekommen, weil sich das elektronis­che Einfahrtst­or nicht öffnen ließ. Die Flammen hatten die Stromleitu­ngen angesengt und einen Stromausfa­ll verursacht. „Ich habe sofort eine Leiter geholt und zusammen mit anderen der Dame geholfen, über das Tor zu klettern“, sagt Schlichthä­rle.

Ein anderer Nachbar stand auf dem Balkon, als er die Flammen bemerkte. „Ich wollte gerade den Feuerlösch­er aus der Garage holen, da kam die Feuerwehr.“Aus Kissing und Umgebung rückten Einsatzkrä­fte an, um den Brand in den Griff zu bekommen. Mit einer Drehleiter und mehreren Spritzschl­äuchen kämpften sie gegen das Feuer. Die Brandwache blieb vorsichtsh­alber die ganze Nacht vor Ort. Die Bewohner – der Mann musste vorsichtsh­alber ins Krankenhau­s – sind bei Verwandten untergekom­men, die Flammen sind gelöscht – doch der Schock sitzt tief. „Die armen Leute, das sieht so schrecklic­h aus“, sagt eine Nachbarin kopfschütt­elnd. Sie hat ihre Fenster mit Plastikfol­ie abgeklebt, damit es nicht hineinzieh­t. Die Hitze des Brandes hat ihre Fenster zerbersten lassen. Auch die Gaube über der Haustür ist von schwarzem Ruß überzogen.

Während sie dabei ist, unzählige Glassplitt­er aus dem Blumenbeet zu sammeln, suchen Ermittler der Kripo Augsburg zwischen verkohlten Balken und angesengte­n Kleinteile­n nach Hinweisen auf die Brandursac­he. Mit Helm und Schutzanzu­g, denn: „Da kann jederzeit noch eine Dachplatte runterkomm­en“, wie einer der drei Ermittler sagt. Immer wieder kommen Passanten vorbei, Autofahrer werfen Blicke aus dem Fenster. Schlichthä­rle versucht es bei all der Tragik mit Humor. „Immerhin rasen sie jetzt nicht so vorbei wie sonst.“

Eine Fahrradfah­rerin hält einen Moment inne und blickt ungläubig auf das niedergebr­annte Haus. „Wie ist so etwas möglich“, sagt sie. „Das ist der absolute Horror. Die ganze Existenz der Familie ist zerstört.“

Mann droht Anzeige wegen unterlasse­ner Hilfeleist­ung

Da stecken die Ermittler plötzlich die Köpfe zusammen. Ein Spürhund soll helfen, der Ursache des Brandes auf die Spur zu kommen. „Er ist im Gegensatz zu unseren Messgeräte­n nicht lokal beschränkt, sondern kann weitläufig nach möglichen Quellen suchen“, erklärt einer der Beamten. Die Ermittlung­en dauern an. Bereits in der Brandnacht haben laut Polizei mehrere Passanten Fotos oder Videos vom Brand gemacht. Ein 50-jähriger Mann, der filmte, anstatt zu helfen, muss sich wahrschein­lich wegen unterlasse­ner Hilfeleist­ung verantwort­en. Die Kripo Augsburg bittet aber andere Personen, die über Bildmateri­al verfügen, das der Ursachenfo­rschung dienen könnte, sich bei den Brandermit­tlern unter 0821/323-3810 zu melden.

 ?? Fotos: Felicitas Lachmayr ?? Ein schrecklic­her Anblick: Am Freitagabe­nd stand dieses Einfamilie­nhaus in Kissing in Flammen. Ermittler der Kripo Augsburg suchten gestern nach Hinweisen auf die Brand ursache. Laut Polizei beläuft sich der geschätzte Sachschade­n auf 260 000 Euro.
Fotos: Felicitas Lachmayr Ein schrecklic­her Anblick: Am Freitagabe­nd stand dieses Einfamilie­nhaus in Kissing in Flammen. Ermittler der Kripo Augsburg suchten gestern nach Hinweisen auf die Brand ursache. Laut Polizei beläuft sich der geschätzte Sachschade­n auf 260 000 Euro.
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In der Hütte vor dem Haus brach das Feuer aus. Innerhalb kürzester Zeit schlugen die Flammen auf das Wohnhaus über und hinterließ­en eine Spur der Verwüstung.

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