Die Oper der Stunde
Dirk Kaftan und „Die Griechische Passion“
Bohuslav Martinus Oper „Die Griechische Passion“, entstand Ende der 1950er Jahre, ist wahrscheinlich die Oper der Stunde. Geht es hier wesentlich doch um das Schicksal von Flüchtlingen: Vertriebene suchen Schutz in einem griechischen Dorf und werden von den dortigen Wortführern abgewiesen, während andere Bewohner sich auf ihr christliches Mitgefühl besinnen – ein Konflikt mit tragischen Konsequenzen. Martinu selbst hatte das Libretto verfasst, in Englisch, weil er auf eine Uraufführung in London hoffte. Die aber kam nicht zustande, angeblich, weil das Werk zu viele Sprechszenen enthält. Tatsächlich wird in der Erstfassung der „Griechischen Passion“– die stark überarbeitete Neuversion kam 1961 in Zü- rich heraus – viel deklamiert von den Sängern wie auch vom Chor, doch macht gerade dies den packenden dramatischen Charakter des Werkes aus. Eine Herausforderung für jede Aufführung – die Oper Graz hat sich ihr im vergangenen Jahr gestellt, jetzt liegt der Mitschnitt vor. Dem Grazer Musikchef Dirk Kaftan, früher in Augsburg tätig, gelingt es eindrucksvoll, die Suggestivkraft dieser Oper zu entfalten, die auf der musikalischen Ebene recht herkömmlichen Prinzipien folgt und doch in jeder Faser modernes Bewusstsein atmet. Die allesamt präzise ihre Rollencharaktere herausarbeitenden Sänger und vollends der aufgewühlt-wuchtige Chor machen diese Produktion zu einem Hör-Ereignis, das unter die Haut geht. (sd) *****