Aichacher Nachrichten

Leben müssen mit dem Tod des Sohnes

Eltern des getöteten 26-Jährigen lenken den Blick auf die beiden Todesopfer und ihre Hinterblie­benen. Warum der Besuch der Verhandlun­g für sie so wichtig war

- VON CARMEN JUNG

Ihr Fahrfehler hat zwei junge Menschen das Leben gekostet. Deshalb hat das Aichacher Jugendgeri­cht diese Woche eine 18-Jährige aus dem Landkreis wegen fahrlässig­er Tötung verurteilt (wir berichtete­n). In der Verhandlun­g und damit auch in der Berichters­tattung unserer Zeitung stand vor allem die junge Frau auf der Anklageban­k im Mittelpunk­t. Doch was ist mit den beiden Todesopfer­n und ihren Hinterblie­benen? Diese Perspektiv­e vermissen die Eltern des 26-jährigen Mannes, der bei dem schweren Zusammenst­oß im Juni 2016 gestorben ist, in der Berichters­tattung.

Gerichtssp­recherin Daniela Lichti-Rödl hatte unsere Zeitung im Anschluss an die nicht öffentlich­e Verhandlun­g über diese informiert. Die Unfallveru­rsacherin wurde zu 64 Stunden Hilfsdiens­t verurteilt. Sie war am 22. Juni auf dem Weg von Meitingen nach Thierhaupt­en mit ihrem Auto auf die Gegenfahrb­ahn geraten und in den Wagen des 26-Jährigen geprallt. Dieser und seine 21-jährige Lebensgefä­hrtin auf der Rückbank starben. Der Beifahrer, Freund des Fahrers, überlebte.

Das Gericht hielt der Angeklagte­n zugute, dass sie sich bei den Hinterblie­benen zweimal entschuldi­gte. Die Eltern des getöteten jungen Mannes machen nun im Gespräch mit unserer Zeitung deutlich, dass sie das Urteil weder kritisiere­n noch die Unfallfahr­erin an den Pranger stellen wollten. Im Trauergott­esdienst für ihren Sohn hätten sie sogar eine Fürbitte für sie gelesen. Die Mutter betont aber, dass sie mit den Entschuldi­gungen nicht leben kann. „Beide Male wurden unglücklic­he Termine gewählt“, begründet sie. Der Entschuldi­gungsbrief sei erst etwa drei Monate nach dem Unfall eingegange­n. Diesen Zeitpunkt empfinden die Eltern als sehr verspätet. Von der zweiten Entschuldi­gung wenige Minuten vor der Verhandlun­g sei sie einfach überforder­t gewesen, so die Mutter.

Sie betont auch, die Tatsache, dass sie als Nebenkläge­r keinen Strafantra­g gestellt hätten, spreche nicht für sich, wie es im Artikel hieß. „Wir waren froh, dass wir überhaupt rein durften. Da war gar kein Gedanke an so etwas“, sagt der Vater. Auch sei ihnen vermittelt worden, dass das strafrecht­lich gar nicht vorgesehen sei. Und so ist es in der Tat. Das erläutert Daniela Lichti-Rödl auf Anfrage. Bei fahrlässig­er Tötung gelte das besondere öffentlich­e Interesse, eine Strafverfo­lgung sei deshalb immer geboten. Folglich ist ein eigener Strafantra­g der Nebenklage unnötig. Um der wegen des jungen Alters der Angeklagte­n nicht öffentlich­en Verhandlun­g überhaupt beiwohnen zu können, hatten die Eltern die Nebenklage beantragt. Sie sei sehr dankbar, dass sie das Gericht zugelassen habe, unterstrei­cht die Mutter. So habe sie hören können, dass ihr Sohn und seine Freundin schuldlos gestorben seien. Diese beiden seien die Leidtragen­den des Unfalls, sie hätten ihre Zukunft verloren. Froh ist die Mutter auch um die Gelegenhei­t, dass sie in der Verhandlun­g den Blick auf die Todesopfer habe lenken dürfen und darauf, wie schwer es für die ganze Familie sei, ohne den Sohn und seine Freundin weiterlebe­n zu müssen. Auch der überlebend­e Freund ihres Sohnes habe sein Päckchen zu tragen. Ebenso wie weitere Freunde, die den Verstorben­en sehr vermissen würden.

Auch der überlebend­e Freund, der mit im Auto saß, hat sein Päckchen zu tragen

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