Aichacher Nachrichten

Feuerwehr kann Hilfsfrist nicht überall einhalten

Bedarfspla­n für die Stadt Aichach zeigt Verbesseru­ngsbedarf: Mehr Ortsteilwe­hren sollen wasserführ­ende Fahrzeuge bekommen. Ein weiteres Problem: Tagsüber sind viele kleinere Wehren nicht alarmsiche­r

- VON CLAUDIA BAMMER

Wenn’s brennt oder bei einem Unfall, soll sie möglichst schnell helfen: die Feuerwehr. Dazu muss sie richtig ausgestatt­et und leistungsf­ähig sein. Ein Feuerwehrb­edarfsplan, wie ihn das Bayerische Feuerwehrg­esetz seit 2013 empfiehlt, soll helfen, das zu gewährleis­ten. Für Aichach ist ein solcher Plan nun erstellt. Wilhelm Rottenkolb­er, Leiter der Finanzverw­altung, präsentier­te das umfangreic­he Werk am Donnerstag­abend im Stadtrat. Im Zuhörerrau­m waren die Feuerwehre­n gut vertreten.

Die wichtigste­n Erkenntnis­se: Nicht jede Einsatzste­lle kann innerhalb der Hilfsfrist von zehn Minuten mit einem wasserführ­enden Fahrzeug erreicht werden. Und: Tagsüber stehen in manchen Ortsteilen nicht ausreichen­d Aktive zur Verfügung. Rottenkolb­ers Fazit: „Wir haben Verbesseru­ngsbedarf.“

Wie Rottenkolb­er erläuterte, müssen die Kommunen ihre Feuerwehre­n so aufstellen und ausrüsten, dass diese möglichst schnell Menschen retten und Schadensfe­uer wirksam bekämpfen können. Dazu müsse grundsätzl­ich jede an einer Straße gelegene Einsatzste­lle in maximal zehn Minuten nach der Meldung erreicht werden. Diese Hilfsfrist sei zwar nicht gesetzlich geregelt, aber dennoch zu beachten.

Wie schwer diese einzuhalte­n ist, rechnete Rottenkolb­er kurz vor. Ab dem Auflegen des Telefons nach der Meldung in der Integriert­en Leitstelle hat der Disponent dort etwa 2,5 Minuten Zeit für die Alarmierun­g. Die Aktiven brauchen dann etwa fünf Minuten, um zum Feuerwehrh­aus zu kommen, sich umzuziehen und auszurücke­n. Bleiben knapp drei Minuten für die Anfahrt.

Dazu kommt: Um wirksame Hilfe leisten zu können, sei nach einer Definition des Innenminis­teriums nötig, dass mindestens ein wasserführ­endes Fahrzeug innerhalb der Hilfsfrist vor Ort ist. Diese Forderung, so Rottenkolb­er, könne mit dem 2009 beschlosse­nen Ortsteilko­nzept im Stadtgebie­t mit seiner Fläche von rund 93 Quadratkil­ometern nicht mehr eingehalte­n werden: Nicht alle Feuerwehre­n verfügen über wasserführ­ende Fahrzeuge. Zum Beispiel in Ecknach und Oberbernba­ch soll das mittelfris­tig geändert werden. Diese Fahrzeuge sollen dann auch mit Schiebleit­ern ausgestatt­et sein. Damit wäre dann der „zweite Rettungswe­g“, um Personen aus höheren Etagen zu retten, gesichert, weil im Brandfall die Aichacher Feuerwehr mit ihrer Drehleiter nicht innerhalb der Hilfsfrist vor Ort sein kann. Voraussetz­ung dafür ist aber laut Rottenkolb­er, dass die Feuerwehre­n die personelle­n Anforderun­gen dafür erfüllen können. Bei wasserführ­enden Löschfahrz­eugen sind unter anderem zwölf Atemschutz­geräteträg­er erforderli­ch. Auch in Sachen Feuerwehrh­äuser wird die Stadt mittelfris­tig tätig werden müssen. Sie entspreche­n nur teilweise den Vorgaben des Un-

Das soll durch organisato­rische und kleinere bauliche Maßnahmen behoben werden. Ein Neubau wird in Mauerbach erforderli­ch werden: Das Haus dort ist nur für den Tragkrafts­pritzenanh­änger geeignet. Auch in Walchshofe­n wird ein Neubau notwendig.

Die Personalau­sstattung ist ohnehin ein großer Punkt im Bedarfspla­n. Stichwort: Alarmsiche­rheit der Wehren. In Aichach und Gallenbach ist diese rund um die Uhr gewährleis­tet, in Ecknach und Griesbecke­rzell tagsüber zumindest begrenzt. In allen anderen Ortsteilen sind die Wehren tagsüber nicht alarmsiche­r,

Rottenkolb­er. In Ecknach und Oberbernba­ch müssen – werden die neuen Fahrzeuge angeschaff­t – je zwölf Atemschutz­geräteträg­er ausgebilde­t werden. Wie Rottenkolb­er erläuterte, dürfte es problemati­sch sein, dafür Freiwillig­e zu finden, die tagsüber zur Verfügung stehen.

Feuerwehrr­eferent Peter Meitinger (CSU) sagte: „Tagsüber haben wir ein Problem.“Jetzt müsse man sich zusammense­tzen, um Lösungen zu suchen. So sah das auch KarlHeinz Schindler (SPD). Erich Echter (CWG) betonte, die Einsatzber­eitschaft tagsüber hänge von den Firmen ab, die ihre Mitarbeite­r freistelfa­llversiche­rers.

len müssten. Dazu betonte Bürgermeis­ter Klaus Habermann, in Aichach sei ihm keine Firma bekannt, die das nicht tue. Die Feuerwehr müsse in der Gesellscha­ft noch mehr verankert werden. „Das ist kein normaler Dienst“, betonte er. „Da Leute zu finden, die dazu bereit sind, ist nicht einfach.“Helmut Beck (CSU) hinterfrag­te die zehn Minuten Hilfsfrist. Habermann betonte, diese Vorgabe habe die Stadt nicht in der Hand. Das System funktionie­re noch gut. Der gesellscha­ftliche Wandel werde sich aber auch hier bemerkbar machen. „Auf die Gefahr hin, mich unbeliebt zu machen“, sagte er, bei den Ortsbetont­e teilfeuerw­ehren müsse man künftig überlegen, ob sich nicht zwei oder drei zusammentu­n. Er war überzeugt: „Das wird in Zukunft notwendig werden.“Der Feuerwehrb­edarfsplan wurde vom Stadtrat einstimmig angenommen. Jetzt werden Stellungna­hmen von Rechtsaufs­icht, Kreisbrand­rat und der Regierung von Schwaben eingeholt. Danach soll den Kommandant­en der Bedarfspla­n vorgestell­t werden, bevor mit den Feuerwehre­n über die örtlich relevanten Teile bei den Generalver­sammlungen gesprochen wird. Der Plan reicht 2021, dann soll er aktualisie­rt werden.

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Symbolfoto: Roland Furthmair Die Feuerwehr muss richtig ausgestatt­et sein, um im Notfall schnell helfen zu können.

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