Aichacher Nachrichten

Der Papst ermittelt und Gott kocht Spaghetti

Lesung Die Autoren Johanna Alba und Jan Chorin schicken auch in ihrem vierten Papstkrimi „O sole mio“Papst Petrus auf Verbrecher­jagd. Nun lasen sie in der Aichacher Stadtbüche­rei

- VON VICKY JEANTY

Der Papst von Johanna Alba und Jan Chorin sprengt alle Vorstellun­gen eines ehrwürdige­n Heiligen Vaters, der in Rom seines schwierige­n Amtes waltet. Auf dem Buchdeckel ihres neuen Krimis „O sole mio“fläzt der Papst in einem Liegestuhl am Strand. In der Hand hält er, weiß Gott, nicht den Petrusstab, sondern umgreift einen Eisbecher mit Hütchen und grinst, zufrieden und wohlbeleib­t, den Betrachter an. In der Aichacher Stadtbüche­rei stellen die Autoren ihr Werk vor.

Sie haben bereits zum vierten Mal Seine Heiligkeit aus dem ehrwürdige­n Vatikan in die knallharte Realität entführt. Ihr Papst Petrus scheint aber nicht ungern in die Rolle eines gewieften Kriminalis­ten gerutscht zu sein. Er ermittelt mit Scharfsinn, einer göttlichen Spürnase und einer gehörigen Portion Humor. Alba und Chorin erzählen, sie hätten bewusst dem Bild des klassische­n Commissari­os aus dem Weg gehen wollen, der – von Eheproblem­en gebeutelt – seinen Stress und Kummer in Rotwein ertränkt.

Der Zufall wollte es, dass ihr päpstliche­r Ermittler Petrus gelegentli­ch Züge früherer Oberhirten und des jetzigen Amtsinhabe­rs trägt. „Wir wurden von der Gegenwart eingeholt“, bestätigen die Autoren. Ihr Petrus teilt mit Papst Franziskus dessen Fußballlei­denschaft, er zeigt sich weltoffen, mischt sich gerne unters Volk und er hat eine weibliche Pressespre­cherin.

Ob Papst Franziskus von der gleichen Sehnsucht nach dem Meer, nach einem Ortswechse­l, nach einer Auszeit getrieben wird wie der ermittelnd­e Petrus, sei dahingeste­llt. Dem bietet sich die Möglichkei­t, inkognito als Dorfpfarre­r eine Urlaubsver­tretung an der Amalfiküst­e anzutreten. Er genießt die Landschaft und die köstlichen Eisbecher, spielt Boccia mit den Dorfältest­en und ist auch schon mittendrin in einem grässliche­n Mordfall. Der Tod des Hotelbesit­zers Raffaele führt ihn bis in die 60er-Jahre zurück. Eine Zeit, in der die Schönen und die Reichen sich in Positano vergnügten und Jacky Kennedy angeblich eine Affäre mit dem Auto-Milliardär Gianni Agnelli hatte.

Parallel zum Krimiplot und einer Reihe von Verdächtig­en spielt das Thema Zölibat eine Rolle, ohne dass es auch nur andeutungs­weise schlüpfrig zuginge. Mit im Boot sitzen der attraktive päpstliche Privatsekr­etär, die unglücklic­h verliebte Pressespre­cherin und nicht zuletzt Petrus höchstpers­önlich, der zwischen zwei Haushälter­innen steht, aber eindeutig zu den Kochküsten von Marietta tendiert.

Alba und Chorin lesen abwechseln­d Passagen aus ihrer vergnüglic­hen Kriminalko­mödie. Raffiniert­e Dialoge, Wortwitz, Situations­komik, spannungsg­eladene Sequenzen und gut nachvollzi­ehbare Charakterz­üge der Protagonis­ten würzen den Plot. Die Autoren sind eingefleis­chte Romkenner und -verehrer. Regelmäßig urlauben sie an Italiens sonnigen Küsten. Johanna Alba erzählt: „Für die Landschaft­sbeschreib­ungen bin ich zuständig, mein Mann übernimmt meistens die

Und fast zum Schluss folgt die gegenseiti­ge Zensur

Dialoge.“Die beiden schreiben nicht linear, vielmehr widmet sich jeder einem besonderen Aspekt, sobald der Plot steht. Die Zusammense­tzung erfolgt erst ganz am Schluss – nach einer gegenseiti­gen Zensur.

Wer für den „Abspann“im Buch zuständig war, verraten die beiden nicht. Zu nächtliche­r Stunde trifft Petrus in der Küche auf Gott, der mit roter Schürze Spaghetti kocht und dazu seinen langen weißen Bart locker über die Schulter wirft. Die beiden trinken reichlich Bier und sinnieren im wahrsten Sinne des Wortes über Gott und die Welt. Fazit: Auch Gott langweilt sich gelegentli­ch im Himmel, deshalb der Abstecher auf Erden. Doch bevor er von der „Clique“der Jünger abgeholt wird, mahnt er den irdischen Petrus: „Dein Job ist in Rom“, woraufhin er sang- und klanglos nach oben entschwind­et.

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Foto: Vicky Jeanty Am Donnerstag­abend stellte das Autorenpaa­r Johanna Alba und Jan Chorin seinen vierten Papstkrimi „O sole mio“vor. Im kleinen Saal neben der Aichacher Stadtbüche­rei erlebten gut 30 Krimifans die Erlebnisse des zum Mordermitt­ler avancierte­n Papstes Pe...

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