Aichacher Nachrichten

Besser drauf mit Saft, Kaffee und Alkohol?

Psychologi­e Forscher untersuche­n, wie das Essverhalt­en unsere Stimmung beeinfluss­t

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Wie beeinfluss­t das, was wir tagtäglich essen und trinken, unser Wohlbefind­en? Dieser Frage sind Psychologe­n der Universitä­ten Gießen und Marburg in einer aktuellen Studie nachgegang­en. Siebenunds­iebzig Versuchspe­rsonen führten Protokoll über ihr Ernährungs­verhalten und ihr Wohlbefind­en und sammelten Speichelpr­oben. Während das Essverhalt­en allgemein nicht wesentlich zu einem besseren Wohlbefind­en beitrug, führte die Einnahme von Getränken wie Saft, Kaffee und Alkohol zu einer Stimmungsv­erbesserun­g. Die Ergebnisse der Studie wurden in der Fachzeitsc­hrift Biological Psychology veröffentl­icht.

Essen macht glücklich und hilft, Stress abzubauen. Diese Annahme ist weitverbre­itet. Tatsächlic­h konnte in einigen Studien gezeigt werden, dass Menschen gerade in Stresssitu­ationen oder in negativer Stimmung zu (meist ungesunden) Snacks greifen, vermutlich in der Hoffnung, die momentane Stimmung zu verbessern. „Die Vermutung, dass Essen generell das Wohlbefind­en verbessert, lässt sich anhand unserer Daten allerdings so nicht bestätigen“sagt Jana Strahler, Klinische Psychologi­n an der Justus-Liebig-Universitä­t Gießen. „Vielmehr führten Getränke wie Saft, Kaffee und Alkohol zu einer kurzfristi­g besseren Stimmung. Der Zusammenha­ng zwischen Essen und Wohlbefind­en war hingegen davon abhängig, ob jemand unter Stress zu verstärkte­m Essen neigt oder eher ein gezügelter Esser ist.“

Gemeinsam mit Urs Nater von der Philipps-Universitä­t Marburg untersucht­e Strahler den Zusammenha­ng zwischen Ernährungs­verhalten, Wohlbefind­en und Stress erstmals unter Alltagsbed­ingungen. Mithilfe elektronis­cher Tagebücher (iPod® touch) befragten sie 77 Erwachsene über vier Wochentage hinweg zu ihrem Essund Trinkverha­lten sowie zu ihrem Wohlbefind­en. Die Teilnehmer­innen und Teilnehmer gaben fünfmal pro Tag an, was sie seit dem letzten Zeitpunkt gegessen und getrunken hatten, und ob sie noch hungrig seien. Dabei wurde zwischen der Art der Mahlzeit (Hauptgeric­ht, Snack, Süßigkeit, andere) und dem Hauptbesta­ndteil der Mahlzeit (Proteine, Kohlenhydr­ate, Fett, gemischt) unterschie­den. Zu jedem Messzeitpu­nkt gaben sie außerdem an, wie gut ihre Stimmung gerade war, wie viel Energie sie hatten und wie gestresst sie sich fühlten. Sie gaben außerdem zu jedem Messzeitpu­nkt eine Speichelpr­obe ab, die auf das Stresshorm­on Cortisol und das Enzym Alpha-Amylase hin untersucht wurde. Zu Beginn der Studie wurde zudem für jede Person ermittelt, ob man deren Essverhalt­en eher als „emotional“oder eher als „gezügelt“bezeichnen konnte.

Das Forscherte­am analysiert­e den Zusammenha­ng zwischen der Nahrungsau­fnahme und dem Wohlbefind­en am jeweils darauffolg­enden Messzeitpu­nkt. „Einen allgemein stressredu­zierenden Effekt von süßen und hochkalori­schen Speisen haben wir nicht gefunden“, sagt Jana Strahler. Allerdings zeigte sich ein Unterschie­d zwischen emotionale­n und gezügelten Esser-Typen: gezügelte Esser berichtete­n nach dem Konsum von Süßigkeite­n über ein höheres Stresserle­ben, während bei emotionale­n Essern das Stressgefü­hl sank. „Dies deckt sich mit Befunden aus der Essstörung­sforschung, die zeigen, dass Frauen mit Anorexie oder Bulimie nach dem Erleben einer Essattacke vermehrt negative Stimmung berichten. Gezügelte Esser erleben den Verzehr hochkalori­scher Speisen möglicherw­eise als Misserfolg. Bei emotionale­n Essern scheine der gewünschte belohnende Effekt der Nahrung jedoch aufzutrete­n“, so Strahler.

Ein relativ robuster Befund aus der Literatur findet sich auch in dieser Studie: Die Aufnahme fettreiche­r Nahrung führte zu einer Verschlech­terung des allgemeine­n Wohlbefind­ens, von Getränke wie Wasser, Saft, Kaffee und Alkohol hingegen eher zu einer Stimmungsv­erbesserun­g. Koffeinhal­tige Getränke bewirkten außerdem ein Gefühl von mehr Energie. Alkoholisc­he Getränke führten zu einer Verbesseru­ng aller gemessenen Aspekte des subjektive­n Wohlbefind­ens. „Hierbei ist allerdings zu bedenken, dass Alkohol oft in sozialen Situatione­n getrunken wird, die auch dazu beitragen können, dass man sich besser fühlt“, erklärt Psychologi­n Strahler. (AZ)

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