Wenn ein Vollzeitjob nicht reicht
Der Aichacher Bürgermeister berichtet auf Schloss Blumenthal über die wirtschaftliche Lage der Stadt und warnt vor rechtsradikalem Gedankengut
Es ist schon fast Tradition, dass sich Aichachs Bürgermeister Klaus Habermann und Betriebsräte und Arbeitnehmer aus Aichacher Unternehmen auf den Tag der Arbeit einstimmen. Der SPD-Bürgermeister findet es schade, dass der Begriff „Tag der Arbeit“, der für menschliches Miteinander stehe, immer mehr verloren gehe. Schwerpunkt seiner Rede waren die Arbeitsbedingungen, die sich immer wieder verändern, die Flüchtlingspolitik und der Wirtschaftsstandort Aichach.
Bereits zum 21. Mal hatte Habermann zum Arbeitnehmer-Empfang geladen. Heuer in den Ortsteil Blumenthal. Unter den mehr als 60 Gästen war auch das Urgestein der Aichacher Arbeitnehmervertreter, Max Stein, der bei der Firma Meisinger 34 Jahre lang Betriebsratvorsitzender gewesen war. Max Stein und Bürgermeister Klaus Habermann organisierten vor den Neujahrsempfängen die Maikundgebungen der Gewerkschaften in Aichach.
Max Stein sagte: „Der Empfang der Arbeitnehmervertreter gehört zum 1. Mai. Ich bin schon immer bei den Empfängen mit dabei und halte das für eine gute Sache“. Habermann prangerte an, dass im reichen Deutschland die Schere zwischen Reich und Arm immer weiter auseinanderklaffe. „Auch bei uns gibt es Arbeitnehmer, die von ihren Vollzeiteinkommen nicht vernünftig Leben können, viel weniger noch ihre Familien ernähren können“, eine Situation die traurig stimme, unterstrich Habermann.
Er erinnerte an die Kriege in Syrien und Afghanistan, die laut Habermann eigentlich nachdenklich und demütig machen sollten. Die Grausamkeiten des Krieges haben 1183 Flüchtlinge in den Landkreis getragen, davon seien 291 in der Stadt untergebracht. Er lobte das ehrenamtliche Engagement der Helfer, die diese Menschen mit menschlichem Mitgefühl betreuen und begleiten. Kurz streifte er das Ende des Zweiten Weltkriegs am 28. April 1945 in Aichach, „genau vor 72 Jahren“, betonte er, als die Amerikaner in Aichach einzogen und die Tore der Justizvollzugsanstalt öffneten und politische und andere Gefangene befreiten. Habermann erinnerte dabei an das Zeitdokument vom Aichacher NSDAP-Parteitag von 1938. „Ein Film, der unter die Haut geht, ein Zeitdokument, das nachdenklich machen sollte, ja nachdenklich machen muss“. Der Bürgermeister warnte vor rechtsnationalem und rechtsradikalem Gedankengut. Sein besonderer Appell, diesen Strömungen Einhalt zu gebieten, sei eine Verpflichtung.
In seinen Ausführungen ging das Stadtoberhaupt auf die wirtschaftliche Entwicklung Aichachs ein. Er erklärte, dass Aichach hervorragend aufgestellt sei und auf Unternehmen in Handel und Mittelstand bauen könne, die Arbeitsplätze und Ausbildungsplätze schaffen. Beim Interkommunalen Gewerbegebiet an der Bundesstraße 300 konnten über 20 Hektar Gewerbegrundstücke vermarktet werden. Dass sich die gute Wirtschaftslage auf das Steueraufkommen der Stadt niederschlage, freute Habermann. Er verwies auf stabile neun Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen zehn Millionen Euro Einkommenssteuer. „Wir brauchen kritische aber konstruktiv-kritische Menschen, die sich engagieren, gewerkschaftlich, ehrenamtlich, kommunalpolitisch“, sagte Habermann den Gästen. Sie sollten bereit sein, Verantwortung zu übernehmen, war Habermanns Botschaft an die Anwesenden. Musikalisch umrahmt wurde der Abend vom Duo Elin und Sakos.