B 300: Brückenträger fällt von Schwertransporter
Unfall Fahrzeug bleibt nachts bei Aichach an Brückengeländer hängen und verliert seine Ladung – ein 70 Tonnen schweres Bauteil für die Ackermann-Brücke in Augsburg. Die Bundesstraße bleibt fast den ganzen Tag gesperrt
Aichach Ein Unfall mit großer Wirkung hat sich in der Nacht auf Mittwoch auf der Bundesstraße 300 bei Aichach ereignet: Ein Schwertransporter hat gegen 0.30 Uhr seine Ladung – einen Brückenträger – verloren und damit eine Brücke beschädigt, wie die Polizei berichtet. Die B300 wurde in beide Fahrtrichtungen komplett gesperrt.
Wie die Polizei berichtet, gehörte das Unfallfahrzeug zu einem Konvoi aus drei Schwertransportern mit jeweils 60 Metern Länge. Sie hatten Brückenträger für die AckermannBrücke geladen, die an der Bürgermeister-Ackermann-Straße in Augsburg über die Wertach führt und gerade erneuert wird. Begleitet wurde der Konvoi unter anderem von zwei Polizeifahrzeugen – eines fuhr am Beginn der Kolonne und eines am Ende.
Die Schwertransportergespanne bestanden jeweils aus einem Zugfahrzeug mit angekoppeltem Dolly (einem kurzen Anhänger) – und einem sogenannten Nachläufer (einem Anhänger, auf dem das hintere Ende der Ladung aufliegt). Auf Höhe der Ecknachbrücke kam der Nachläufer des mittleren der drei Schwertransporter nach rechts von der Fahrbahn ab. Er kollidierte mit dem Brückengeländer. Dadurch rutschte der geladene rund 70 Tonnen schwere Brückenträger aus Stahlbeton von dem Schwertransporter herunter und kam teils auf und teils neben der Fahrbahn zum Liegen.
Vor Ort bot sich nachts eine gespenstische Szenerie: Etwa 50 Einsatzkräfte der Polizei aus Aichach und Augsburg sowie die Feuerwehren aus Aichach und dem Stadtteil Ecknach waren vor Ort. Die Feuerwehr leuchtete die Unfallstelle mittels einer sogenannten Leuchtgiraffe aus. Die Feuerwehren übernahmen auch die Verkehrsregelung an den B-300-Anschlüssen.
Der Fahrer des Schwertransports hat bei dem Unfall einen Schock er- litten, wie die Polizei berichtet, blieb jedoch ansonsten unverletzt. Zur Klärung des Unfallhergangs wird ein unfallanalytisches Gutachten erstellt. Gestern war ein Polizeihubschrauber an der Unfallstelle im Einsatz, um Übersichtsaufnahmen aus der Luft zu machen.
Die Polizei riet Autofahrern, die Unfallstelle großräumig zu umfahren. Vor Ort wurde der Verkehr durch Aichach umgeleitet. Aichachs Polizeiinspektionsleiter Erich Weberstetter berichtete auf Nachfrage: „Es staut sich zwar an den Ampeln, aber nicht so, dass es bedenklich wäre.“
Die Unfallaufnahme an sich war gestern am frühen Morgen abgeschlossen, wie die Polizei schon ge- gen 7 Uhr berichtete. Die Räumung der Unfallstelle nahm allerdings noch erhebliche Zeit in Anspruch. Gegen 10 Uhr begann ein Gutachter vor Ort zu überprüfen, ob die Statik der Ecknachbrücke beschädigt worden ist. Laut Weberstetter gab der Gutachter gegen 11.30 Uhr Entwarnung: Die Statik sei nicht betroffen.
Uwe Fritsch, Leiter des Bereichs Straßenbau im Staatlichen Bauamt Augsburg, bestätigte das auf Nachfrage. „Die Brücke ist glimpflich davongekommen.“Die Tragkonstruktion sei überhaupt nicht beschädigt worden. „Zum Glück“, betonte Fritsch, denn im schlimmsten Fall hätte man die B300 in diesem Bereich dauerhaft sperren müssen. Bis eine neue Brücke gebaut wäre, verginge leicht ein Jahr, schätzt er. Selbst eine Behelfsbrücke zu errichten, hätte auf jeden Fall ein paar Monate gedauert. Tatsächlich hat der Brückenträger lediglich das Geländer, die Leitplanke und die Betonkappe – den kleinen Betonsteig zwischen Fahrbahn und Geländer – beschädigt. Die Stelle wird nun zunächst provisorisch abgesichert und dann die Schäden behoben.
Ein schwieriges Unterfangen war die Bergung des von dem Fahrzeug gefallenen Brückenträgers. Der 70 Tonnen schwere Koloss konnte nicht am Stück aufgeladen werden. Er musste von Spezialisten vor Ort für den Abtransport aufwendig in mehrere Teile zertrennt werden. Wie Weberstetter sagte, bestand die Gefahr, dass Teile in die Ecknach fallen. Das hätte angesichts der ohnehin hohen Wasserstände zu Überschwemmungen führen können.
Gegen 16 Uhr war der Brückenträger zu zwei Dritteln abgebaut. Wie Peter Löffler, Pressesprecher der Aichacher Polizei berichtete, wird das letzte Drittel von einem parallel verlaufenden Weg aus geborgen werden. Die Straßenmeisterei sicherte die Unfallstelle ab. Die B300 wurde gestern erst am Abend wieder für den Verkehr freigegeben, an der Brücke zunächst mit einem Tempolimit von 60 Stundenkilometern. (mit sge und kos)
Wie sich der Unfall auf die Ackermann-Brücke auswirkt, lesen Sie im
Die Bauarbeiten für den Neubau der Ackermann-Brücke über die Wertach sind gestern von einem erneuten Zwischenfall überschattet worden: Nachdem beim Abbruch der alten Brücke vor einem Dreivierteljahr das Bauwerk unkontrolliert zusammenstürzte (wir berichteten), verunglückte in der Nacht auf gestern ein Schwertransporter mit einem 60 Meter langen Bauteil für die neue Brücke. Für die Bauarbeiten wird das bis zu zwei Monate Verzögerung bedeuten. „Möglicherweise kann man Arbeiten so zusammenziehen, dass die Verzögerung geringer ausfällt“, so Tiefbauamtsleiter Josef Weber.
Fest steht, dass der 60 Meter lange Brückenträger, der in einer Kurve bei Aichach vom Schwertransporter fiel, verschrottet werden muss. Da er sich bei dem Unfall stark verformt hat, kann er nicht mehr verwendet werden. Er wurde zur Bergung bereits zerlegt. Der Brückenträger hätte gestern von zwei Spezialkränen eingebaut werden sollen.
Das zerstörte Teil ist einer von insgesamt zehn Trägern, die später einmal das Rückgrat der neuen Brücke bilden sollen. Das Stahlteil muss nun neu hergestellt werden. Da es sich um eine Maßanfertigung handelt, wird dies um die acht Wochen dauern. Der direkte Schaden durch den Unfall wird – abhängig von der genauen Ursache – wohl vom Tiefladerunternehmen bzw. dessen Versicherung zu zahlen sein.
Was die Verzögerung betrifft, kann die Baufirma möglicherweise noch etwas Zeit hereinholen. Eine Überlegung ist, ein Teil der Brückendecke aus Beton, die auf die gesetzt wird, während der Wartezeit zu bauen. Nach dem regulären Zeitplan sollten die Arbeiten an der Brücke Mitte 2018 abgeschlossen sein.
Gestern wurden drei der vier heil in Augsburg angekommenen Trägerelemente auf die Fundamente für die Widerlager der neuen Brücke gesetzt. Der vierte Träger kann aufgrund des fehlenden Teils momentan nicht an der geplanten Stelle eingebaut werden. Er muss nun so gelagert werden, dass er sich in den kommenden zwei Monaten nicht verformt. Möglicherweise wird er zur Herstellerfirma zurückgefahren.
70 Tonnen wiegt jeder Träger, der von zwei großen Autokränen zentimetergenau eingehoben wird. Dafür wird auch heute, wenn die nächsten fünf Träger mit dem Schwertransport kommen, die stadtauswärts führende Spur der Behelfsbrücke neben der Baustelle gesperrt. Die Schwertransporter fahren auf die Behelfsbrücke, wo die Kräne die Fracht übernehmen.
Der Unfall mit dem Tieflader ist nicht die erste Panne beim Bau der Ackermann-Brücke. Als eine der beiden alten Brücken im vergangeStahlträger nen Juli abgerissen wurde, sackte diese plötzlich zusammen. Zwei Bauarbeiter und ein Bagger fielen mit der eingestürzten Brücke acht Meter tief ins Flussbett der Wertach. Die Männer wurden schwer verletzt.
Wer für den Brückeneinsturz verantwortlich gemacht wird, ist noch unklar. Die Ermittlungen wegen fahrlässiger Körperverletzung und Baugefährdung laufen nach wie vor, so die Staatsanwaltschaft gestern auf Anfrage. Gegen wen sich die Ermittlungen richten, lässt die Staatsanwaltschaft offen.
Die Stadt betonte nach dem Unglück, von der Abbruchfirma im Vorfeld eine Abbruchstatik eingefordert zu haben. Darin wird festgelegt, wie ein Bauwerk abgebrochen werden muss, damit es zu jedem Zeitpunkt stabil steht und nicht unkontrolliert nachgibt. »Seite 33