Eine Kaiserin zwischen zwei Welten
Die neue Sonderausstellung im Aichacher Sisi-Schloss gibt einen Einblick in die Lebenswirklichkeit Elisabeths zwischen Biedermeier und Wiener Hof. Besucher bekommen eine Ahnung davon, wie das Schloss früher eingerichtet war
Den besonderen Reiz der 18. Sonderausstellung im Sisi-Schloss in Unterwittelsbach (Stadt Aichach) machen die beiden Welten aus, die dort gezeigt werden. Da ist zum einen die beschauliche Biedermeierzeit und auf der anderen Seite die kühle Welt des Wiener Hofes, in der Kaiserin Sisi lebte. Unter dem Titel „Lebens(t)raum und Wirklichkeit“wird deutlich, wie schwer vereinbar diese beiden Welten sind. Bei der Eröffnung am Freitagabend waren auch viele Leihgeber anwesend.
Die Biedermeierzeit gilt als Inbegriff der „guten alten Zeit“. Bürgermeister Klaus Habermann beschrieb, wie die Welt in der kurzen Epoche zwischen 1815 und 1848 aussah: „Die Welt schien damals noch in Ordnung. Postkutschen fuhren auf holprigen Wegen. Ernste Männer in Bratenrock und Zylinder lustwandelten mit dem Spazierstock auf baumgesäumten Promenaden und grüßten Damen in bunten Kattunkleidern, gehüllt in Kaschmirschals.“Eine Zeit also, die noch fern von den hektischen Umwälzungen des beginnenden Industriezeitalters war.
Der Begriff Biedermeier geht auf den Heidelberger Mediziner Adolf Kußmaul und den Juristen Ludwig Eichrodt zurück. Die beiden erfanden die Spottfigur des Dorfschullehrers Gottlieb Biedermeier. Angeblich solle sich der Name aus Biedermann und Bummelmeier zusammensetzen, erzählte Habermann. Diese provinzielle Kunstfigur gab einer ganzen Epoche ihren Namen. Der Bürgermeister weiter: Biedermeier sei scheinbar heute noch das Sinnbild einer Sehnsucht nach einer verklärten Vergangenheit.
Der Begriff Biedermeier wurde bald zu einem Inbegriff für Wohnstil, Möbelformen und schließlich den gesamten Lebensstil einer Epoche. Schon bald gab es Biedermeiermode und Malerei, Literatur und Musik und schließlich auch die Architektur des Biedermeier. Die Ausstellung im Sisi-Schloss lässt nicht nur die verschiedenen Aspekte dieser Epoche wieder aufleben. Besucher bekommen auch eine Ahnung davon, wie das Schloss früher eingerichtet war.
Wie in alten Zeiten ist im Erdgeschoss die Küche. Um den schweren Herd ins Zimmer zu schleppen, seien sechs Helfer des Bauhofs nötig gewesen, erzählt Brigitte Neumaier, Kastellanin und Kuratorin. Den Ofen hat ein Cousin von ihr zur Ver- fügung gestellt. Ihm gehören auch die Farbrollen, mit denen das Biedermeier-Muster auf die „Küchenwand“gemalt worden ist.
Die beiden oberen Etagen im Schloss waren früher die Herrschaftsräume. Dort ist ein Biedermeier-Zimmer zu sehen und immer wieder Kleidung aus dieser Epoche. Auch Bilder an der Wand zeigen, wie die Mode im Biedermeier aussah. Neumaier dazu: „Auch die Herren haben Taille gezeigt.“Was ebenfalls damals üblich war: das Tragen von Pistolen.
Der zweite Stock gehört dem Hof und dem Reisen. Der sogenannte „Makart-Salon“zeigt, wie die Kaffeezeit in der Wiener Hofburg aussah. Hans Makart war Sisis Lieblingsdesigner. Er habe auch beim Umzug zur Silberhochzeit des Paares Regie geführt, erzählte Neumaier. Aus edelstem Kaiserporzellan ist die hinter Glas aufgebaute höfische Tafel. Im Foyer des Schlosses ist das Kleid zu sehen, in dem Sisi zur Kaiserin von Ungarn gekrönt wurde. Am 8. Juni jährt sich dieser Tag zum 150. Mal.
Die Sonderausstellung sei im Landkreis einer der Höhepunkte im Museumsjahr, sagte Landrat Klaus Metzger. Sein Dank an die Kastellanin: „Die Art und Weise, wie sie zustande kommt, ist eine ganz außergewöhnlich.“Neumaier baute über die Jahre ein Netzwerk auf, auf das sie bei Ausstellungen zurückgreifen kann. Einige Exponate, vor allem Möbel aus der Zeit des Biedermeier, stellte wieder Pater Gerfried Sitar aus dem Benediktinerstift St. Paul im Lavantal zur Verfügung. In Szene gesetzt hat die Stücke wieder der Dekorateur Ulrich Styrer. Und von Monika Czedly aus Gödöllö in Ungarn kommen wieder die originalgetreu nachgeschneiderten Kleider der Kaiserin. Den Eindruck von Bürgermeister Habermann teilten nach dem Rundgang durch das SisiSchloss viele: „Jede Ausstellung ist herausragend, aber diese ist noch herausragender.“»AN