Younis Ghaith kämpft mit allem, was er hat
Der neunjährige Ju-Jutsu-Kämpfer vom TSV Aichach will unbedingt einmal Weltmeister werden. Wie der Kühbacher sich auf die Turniere vorbereitet und worauf es bei dieser Variante des Kampfsports ankommt
Links, rechts – blitzschnell setzt Younis Ghaith mit seinen Händen zwei Schläge an. Es folgt ein hoher Tritt mit dem rechten Fuß. Die Deckung darf der Neunjährige dabei aber nicht vernachlässigen. Denn beim Ju-Jutsu geht es nicht nur um Angriff, sondern vor allem um Selbstverteidigung. Der Sport vereint Elemente aus unterschiedlichen Kampfkünsten wie Karate oder Taekwondo.
Younis Ghaith fing vor drei Jahren mit dem Ju-Jutsu an. Damals kämpften seine älteren Brüder Gamal und Hakien beim TSV Aichach. Als sein Vater Kamil dann selbst einmal den Sport ausprobieren wollte, kam der Kühbacher gleich mit und ist bis heute geblieben. „Ich wollte am Anfang eigentlich nur mit meinen Brüdern raufen“, gibt der Neunjährige zu. Doch dann fing er an, sich für den Sport zu interessieren. Er lernte immer neue Würfe, Tritte und Schläge. Mit Raufereien haben die Kämpfe von Younis Ghaith heut nicht mehr viel gemeinsam. Dass der Nachwuchskämpfer Talent hat, bemerkte sein Trainer Roland Theiss schon früh: „Er lernt sehr schnell und antizipiert die Bewegungen des Gegners. Er weiß genau, wann er in die Offensive gehen muss und wann nicht. Das ist eine Gabe.“Durch die Elemente aus unterschiedlichen Kampfkünsten brauche ein Ju-Jutsuka ein großes Repertoire an Kampftechniken. „Es ist die Königsdisziplin unter den Kampfsportarten. So wie es der Zehnkampf bei den Leichtathleten ist“, stellt Theiss fest.
Ganz wichtig sei beim Ju-Jutsu die Körperbeherrschung: „Außerdem darf man keine Angst vor dem Gegner haben“, ergänzt Younis Ghaith. Erst recht nicht, wenn man wie der Neunjährige gegen ein bis zwei Jahre ältere Gegner antreten muss. Hinzu kommt, dass seine Gewichtsklasse bis 39 Kilogramm ausgelegt ist. Der Neunjährige bringt 34,2 Kilogramm auf die Waage und wiegt bis zu fünf Kilogramm weniger als viele seiner Kontrahenten. „Es wird auch viel gezogen und gezerrt. Dadurch hat er natürlich einen Nachteil“, erklärt Theiss. Doch sein Schützling sieht auch die positiven Seiten des Größennachteils: „Wenn der Gegner schwerer ist, ist er oft auch langsamer. Dann muss ich meine Punkte eben anders machen“, sagt der Kühbacher.
Ein Kampf beim Ju-Jutsu ist deshalb auch dreigeteilt. Zuerst sind Schläge und Tritte gefragt. Im zweiten Teil geht es darum, den Gegner mit Würfen zu Boden zu bringen. Schläge sind dann nicht mehr erlaubt. Im Schlussabschnitt geht es dann in den Bodenkampf. Hier kommt es auf die sogenannten Festlegetechniken an, sagt Roland Theiss: „Man muss sich gut positionieren und versuchen, den Gegner zu blocken. Hier haben wendige Kämpfer wie Younis einen Vorteil.“Insgesamt dauert ein Kampf zwei Minuten. Bis zu sieben solcher Duelle absolvieren die Kämpfer bei einem Turnier innerhalb einer Stunde. „Vor den Wettkämpfen bin ich etwas nervös. Sobald ich auf der Matte stehe, macht es aber nur noch Spaß“, schildert Younis Ghaith seine Gefühlslage. Vier bis fünf Turniere stehen pro Jahr an. Wenn die Reise länger geht, kommt es schon einmal vor, dass der Nachwuchskämpfer und seine Teamkollegen am Vorabend anreisen und dann auf Weichbodenmatten in der Turnhalle schlafen. Gewinnen will der Neunjährige aber immer, denn der Grundschüler (dritte Klasse) ist sehr ehrgeizig. Schon am zweiten Trainingstag fragte er, wie lange es dauern würde, bis er Weltmeister ist. Daran erinnert sich Trainer Roland Theiss noch gut: „Das werde ich nie vergessen. Er hat das wirklich gefragt. Und das aus dem Mund eines Sechsjährigen.“
Bis zum Weltmeister hat es Younis Ghaith zwar noch nicht gebracht, aber seine Erfolge sprechen für sich. Bei der bayerischen Meisterschaft im April holte er trotz seines Gewichtsnachteils den siebten Platz bei der U12. Seinen größten Erfolg feierte er im vergangenen Jahr bei der U10. Damals holte er den bayerischen Titel. Mehr geht für den Neunjährigen derzeit übrigens nicht. Erst in den höheren Altersklassen werden deutsche Meisterschaften ausgetragen. Auf den Weltmeistertitel muss er also noch ein paar Jahre warten.
Für sein Ziel trainiert der Kühbacher aber bereits jetzt zweimal pro Woche hart. Anderthalb Stunden lang geht es dann für den Neunjährigen und seine Teamkameraden auf die Matten. Roland Theiss und drei weitere Trainer betreuen bis zu 15 Kinder. „In diesem Alter soll es in erster Linie Spaß machen. Da sind Drill und zu viel Disziplin nicht förderlich“, sagt Theiss, der besonders einen seiner Schüler manchmal einbremsen muss. Einen, der später einmal Weltmeister werden will.