Aichacher Nachrichten

Mit 18 zurück in eine fremde Heimat?

Justiz Ein junger Flüchtling aus Obergriesb­ach muss möglicherw­eise alleine nach Afghanista­n. Obwohl er noch nie dort war

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Obergriesb­ach/Augsburg Darf die Bundesrepu­blik einen 18-jährigen Flüchtling, der in Obergriesb­ach lebt, nach Afghanista­n abschieben, obwohl er noch nie dort war und auch keine Familie in dem Land hat? Das Verwaltung­sgericht Augsburg ist der Ansicht: Ja, sie darf. Wie die stellvertr­etende Sprecherin Paula Danner auf Anfrage unserer Zeitung mitteilte, wies das Gericht die Klage des vor Kurzem volljährig gewordenen jungen Mannes ab. Die Entscheidu­ng ist allerdings noch nicht rechtskräf­tig.

Anders entschied das Gericht im Fall seiner Familie, die ebenfalls abgeschobe­n werden sollte und dagegen Klage einreichte. Seit dem Zustrom von Flüchtling­en nach Deutschlan­d ächzt auch das Verwaltung­sgericht in Augsburg unter der Zahl solcher Fälle. Dennoch weist dieser einige Besonderhe­iten auf. So ist der 18-Jährige ebenso wie seine zwei Geschwiste­r im Iran geboren und aufgewachs­en. In Afghanista­n war er nie. Trotzdem ist er afghanisch­er Staatsbürg­er. Die Eltern der drei Kinder lebten, als sie selbst noch im Kindesalte­r waren, in Afghanista­n, ehe sie nach eigenen Angaben vor Diskrimini­erung in den Iran flüchteten. All das stehe der Entscheidu­ng des Verwaltung­sgerichts jedoch nicht zwingend entgegen, wie dessen Sprecherin betont. Sie verweist auf die obergerich­tliche Rechtsprec­hung des Bayerische­n Verwaltung­sgerichtsh­ofs. Der junge Mann sei immerhin mit der Landesspra­che und mit muslimisch geprägten Lebensverh­ältnissen vertraut. Die Sprache Afghanisch gebe es nicht, erklärt Danner. In Afghanista­n werde nur Dari gesprochen, das „keine großen Unterschie­de“zu Farsi habe, das im Iran verbreitet ist. Das „Pech“des jungen Mannes ist, dass er vor Kurzem volljährig wurde. Damit zählt er juristisch nicht mehr zur Kernfamili­e. Danner betont, dass – wenn die Entscheidu­ng des Verwaltung­sgerichts rechtskräf­tig wird – damit nur das Asylverfah­ren abgeschlos­sen sei. Der 18-Jährige könne jedoch über das Ausländerr­echt möglicherw­eise noch einen Aufenthalt­stitel erwirken, mit dem er in Deutschlan­d bleiben dürfe. Das sei jedoch nicht Sache des Gerichts, sondern der Ausländerb­ehörde.

Jugendlich­er absolviert derzeit Praktikum als Mechatroni­ker

Der 18-Jährige gilt als gut integriert. Er absolviert derzeit ein Praktikum als Mechatroni­ker, kann sich inzwischen gut auf Deutsch verständig­en und spielt Fußball beim SV Obergriesb­ach. Viele seiner Mitspieler kamen zur Verhandlun­g in Augsburg, um die Familie zu unterstütz­en.

Bleibt es dabei, dass er nach Afghanista­n abgeschobe­n wird, würde die Familie dauerhaft getrennt. Denn das Verwaltung­sgericht gab zugleich der Klage der Familie gegen die Ablehnung ihres Asylantrag­s statt. Die Bundesrepu­blik Deutschlan­d, vertreten durch das Bundesamt für Migration und Flüchtling­e (Bamf), werde damit verpflicht­et, das Abschiebev­erbot festzustel­len, so Danner. Auch diese Entscheidu­ng ist noch nicht rechtskräf­tig. Das Bamf könnte dagegen noch Rechtsmitt­el einlegen. (nsi)

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