Dasing stoppt Vergabe von Grundstücken
Wohnen Bei der Zuteilung von Bauplätzen über Einheimischenmodell sind Gemeinde Fehler unterlaufen. Eklat: Nagl verlässt die Sitzung
Dasing Diese Abstimmung im Gemeinderat Dasing erhitzte die Gemüter und sorgte für einen Eklat und schwere Vorwürfe gegen den Bürgermeister. „Ich finde es ungeheuerlich, dass hier jetzt öffentlich darüber diskutiert wird“, erklärte Erich Nagl (Freie Wähler), bevor er wütend und Hals über Kopf den Sitzungssaal verließ. Es ging um die Vergabe von Grundstücken über das Einheimischenmodell, genauer gesagt um das seit Frühjahr 2016 laufende Verfahren. Der Gemeinderat stoppte es. Das bedeutet, dass 22 Bauherren, die bereits eine Zusage hatten, nicht beginnen können. Denn die Vergabe verlief in vielerlei Hinsicht fehlerhaft. Auf die Kommune könnten Schadenersatzforderung zukommen, denn Bauherren haben schon mit der Planung begonnen. Durch das Modell werden Einheimische bei der Vergabe bevorzugt. Sie bekommen Bauplätze günstiger als Auswärtige. Die Nachfrage nach Baugrund ist in Dasing höher als das Angebot.
Bereits im Februar stellte der Gemeinderat in einer nicht öffentlichen Sitzung einige Ungereimtheiten im Vergabeverfahren fest und beauftragte den Rechnungsprüfungsausschuss, die Vorgänge zu klären. Auch die Kommunalaufsicht am Landratsamt befasst sich damit. Noch liege kein abschließender Bericht vor, doch die Fehler seien offenkundig, erklärte Dasings Zweite Bürgermeisterin Anne Glas (Aktive Bürger). Außerdem stünde man unter Zeitdruck. „Es haben immer wieder Bewerber in der Gemeinde angerufen und nachgefragt, warum nichts vorangeht“, sagte Glas. „Wir wollten das jetzt so schnell wie möglich klären und öffentlich machen.“
In der Sitzung wurden mehrere Fehler beim Vergabeverfahren angesprochen: Zum einen steht eine Änderung der Richtlinien in der Kritik, über die der Rat bereits im August 2016 in einer nicht öffentlichen Sitzung abstimmte. All jene Bewerber, die bereits ein Grundstück oder Haus im Gemeindegebiet besaßen, waren bis dahin von der Bauplatzvergabe über das Modell ausgeschlossen. Eine Änderung ermöglichte auch diesen Bewerbern, am Vergabeverfahren teilzunehmen. Sie mussten lediglich mit einem Punktabzug rechnen. Dies hätte sofort öffentlich bekannt gegeben werden müssen. „Es stand irgendwann auf der Internetseite der Gemeinde, aber wann genau, ist nicht mehr nachzuvollziehen“, erklärte Glas. Möglicherweise habe nicht jeder Interessent von der Änderung erfahren und sei dadurch benachteiligt worden. Das sei nach dem Grundsatz das Gleichheitsprinzips nicht zulässig. „Außerdem ist die Änderung an sich fraglich, weil sie den Gedanken des Einheimischenmodells konterkariert“, betonte Glas.
Kritisch zu sehen sei zudem die persönliche Beteiligung von Bürgermeister Nagl am laufenden Verfahren. Ein Sohn Nagls hatte sich für ein Grundstück beworben. Um die Vorgaben der Kommunalaufsicht zu erfüllen und jeden Verdacht auf Einflussnahme zu vermeiden, hätte Nagl keinerlei Amtshandlungen, die die Grundstücksvergabe betreffen, mehr tätigen dürfen. Inwiefern er auch weiterhin ins Verfahren involviert war, ist unklar. Denn auch die Frage, wer genau die Auswertung der Punkte übernahm, ist offen. Es habe einen Personalwechsel gegeben, zeitweise sei ein Praktikant mit der Aufgabe betraut worden. „Wer genau dafür zuständig war, kann rückwirkend nicht mehr geklärt werden“, betonte Glas. „Allein diese Tatsache wirft Fragen auf.“
Dazu kommt, dass bei 45 von 48 Bewerbungen die Eingangsstempel fehlen, was eine Aufklärung erschwere. Als sie eingingen, herrschte in der Verwaltung Personal-Chaos. Dadurch ließe sich laut Glas nicht ausschließen, dass Bewerbungen auch nach der Frist noch eingegangen seien und bei der Vergabe berücksichtigt wurden. „Wir können diese Fehler nur ausbessern, indem wir jetzt die Flucht nach vorne antreten und Transparenz schaffen“, betonte Glas, die auf Empfehlung der Rechtsaufsicht den Vorsitz bei der Sitzung übernahm. Es gehe darum, dass die Gemeinde auf rechtssicherem Boden stehe. Auch Martin Menzinger (Aktive Bürger), Vorsitzender des Rechnungsprüfungsausschusses, gab zu bedenken, dass viele Punkte im Verfahren angreifbar seien und der Schaden für die Gemeinde sehr hoch werden könne. „Es gibt fast keine andere Lösung, als die Vergabe zu stoppen“, sagte er.
Bürgermeister Nagl blieb von den Beratungen und der Abstimmung ausgeschlossen. Iris Neusiedl (Freie Wähler) zeigte sich solidarisch und verließ kurz nach ihm den Saal. Sie warf den Aktiven Bürgern vor, das Thema bewusst vor Abschluss des Verfahrens öffentlich gemacht zu haben. Nach einer hitzigen Debatte stimmte die Gemeinderats-Mehrheit aus CSU und Aktiven Bürgern mit 11:8 dafür, das Verfahren sofort zu stoppen. Wie lange es dauert, bis ein neues anläuft und ob es auch weiterhin ein Einheimischenmodell geben wird, das dann den neuen EU-Vorgaben entspricht, ist jetzt offen. (mit cli)