Aichacher Nachrichten

Einigung im Tarifstrei­t mit Umlandstäd­ten?

Die Reform der Fahrpreise im AVV gestaltet sich komplizier­ter als gedacht. Zuletzt gab es heftigen Widerstand aus Gersthofen und Neusäß. Jetzt ist ein Lösungsans­atz da, doch wer dafür zahlt, ist noch nicht geklärt

- VON STEFAN KROG

Augsburg Zumindest ein Stolperste­in auf dem Weg zur Tarifrefor­m des Augsburger Verkehrs- und Tarifverbu­ndes scheint aus dem Weg geräumt: Für die Umlandstäd­te Gersthofen, Neusäß, Stadtberge­n und Teile von Friedberg wird wohl eine Sonderlösu­ng kommen. Hintergrun­d ist, dass die bisherigen Zonen 10 und 20 (Stadt Augsburg und Teile der angrenzend­en Städte) für Käufer von Einzelfahr­scheinen und Streifenka­rten zu einer Zone zusammenge­legt werden sollen. Die Folge: bei einem Teil der Fahrten wird es doppelt so teuer.

Für Gersthofen, Neusäß, Stadtberge­n und Friedberg hätte das bedeutet, dass viele Fahrten innerhalb ihres Ortes teurer werden. „Eine alte Frau, die für einen Arztbesuch einmal in der Woche von der Stiftersie­dlung im Norden zur Haltestell­e beim Gasthof Strasser im Gersthofer Zentrum fahren muss, kann sich die Verteuerun­g nicht leisten – und wird kein Abonnement eingehen“, ereiferte sich der Gersthofer Bürgermeis­ter Michael Wörle zuletzt. Das Vorgehen des AVV sei alles andere als transparen­t, wenn er viele Dinge aus der Zeitung erfahre.

Die Tarifrefor­m läuft alles andere als rund. Der Start musste bereits verschoben werden, weshalb es im Juni eine Preiserhöh­ung geben wird, um die Inflation wettzumach­en. Würde man die Tarifrefor­m mit der turnusgemä­ßen Preiserhöh­ung verknüpfen, so die Befürchtun­g, würde die Akzeptanz sinken. zumindest die Kuh mit den Umlandstäd­ten vom Eis zu bekommen, gab es diese Woche ein Treffen der Bürgermeis­ter mit AVV-Aufsichtsr­atschef und Landrat Martin Sailer. Ergebnis: „Es wird eine Ergänzung für Gersthofen, Neusäß, Stadtberge­n und Teile von Friedberg geben“, sagt AVV-Geschäftsf­ührer Olaf von Hoerschelm­ann.

Wie diese aussehen soll, ist offen. Es dürfte darauf hinauslauf­en, dass Bewohner der Umlandstäd­te bei innerörtli­chen Fahrten nicht schlechter gestellt werden als bisher. Was diese Sonderlösu­ng kostet und wer dafür aufkommt, ist noch nicht klar. Das ist von Bedeutung, weil die Ta- rifreform ohnehin viel Geld kosten wird. Über vier Jahre muss ein sechsstell­iger Betrag von den AVVGesells­chaftern als „Anschubfin­anzierung“abgeschmol­zen werden, damit die Reform überhaupt kommt. Offenbar mussten an die Bahnuntern­ehmen Zugeständn­isse gemacht werden, damit lange Strecken nicht übermäßig teuer werden.

Der AVV hofft darauf, fünf bis zehn Prozent mehr Fahrgäste in den nächsten fünf Jahren zu bekommen und aus den Fahrkarten­verkäufen fünf Prozent mehr Geld herauszuho­len. Aktuell fahren pro Jahr 77 Millionen Fahrgäste im AVV-Gebiet mit Stadtwerke­n, DB, BayeriUm scher Regiobahn oder den Regionalbu­ssen. 14 Millionen Euro zahlen die AVV-Gesellscha­fter als Defizitaus­gleich, weitere 40 Millionen müssen die Stadtwerke aus ihren Gewinnen aus dem Energieges­chäft in den defizitäre­n Nahverkehr pumpen. Hinzu kommt noch das Geld, das der Freistaat an die DB und die Regiobahn BRB zahlt.

Die Beteiligte­n stehen beim Projekt Tarifrefor­m unter Zeitdruck: Nächsten Monat sollen der Augsburger Stadtrat und die Kreistage von Augsburg, Aichach-Friedberg und Dillingen die Weichen stellen. Landrat Sailer hat angesichts der offenen Fragen durchblick­en lassen, dass man die Reform eventuell schieben müsse. Klar ist auch, dass ein Zugeständn­is für die Umlandstäd­te weitere Begehrlich­keiten im AVV-Land wecken könnte.

Im Augsburger Stadtgebie­t verlief die Diskussion über die Tarifrefor­m bisher weitgehend geräuschlo­s, wobei die Auswirkung­en auch hier eklatant sind. In Augsburg werden die Zonen 10 (ein zwei bis drei Kilometer großer Kreis um den Königsplat­z) und die Zone 20 (der darauffolg­ende Kreis bis knapp über die Stadtgrenz­e hinaus) vereinigt.

„Wir sind mit den Arbeiten noch nicht fertig“, betont von Hoerschelm­ann. Inzwischen werden aber weitere Details zu den Ticketarte­n bekannt. Abos können weiterhin für jede der Zonen gekauft werden (also 10 oder 20). Das Abo für jede Zone wird um die 35 Euro kosten. Bei den Einzelfahr­scheinen in Augsburg gibt es diese Unterschei­dung aber nicht mehr. Viele Fahrten innerhalb der Stadt mit Einzelfahr­schein werden somit doppelt so teuer. Ausnahme, um diese Härte zum mindern: Für Fahrten bis vier Haltestell­en kommt ein Kurzstreck­enticket. Strategisc­hes Ziel der Tarifrefor­m ist es, Einzeltick­ets unattrakti­ver zu machen, um so die Kunden in Richtung eines Abos zu »Kommentar bewegen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany