Aichacher Nachrichten

Die Russland Affäre wird für Trump gefährlich

Der US-Präsident räumt die Weitergabe von Staatsgehe­imnissen an Moskau ein. Das politische Washington ist entsetzt. Die Verbündete­n im Ausland fragen sich, warum ihnen das Material vorenthalt­en wurde

- VON THOMAS SPANG

Thomas Bossert zögerte nach Abschluss des Treffens des Präsidente­n mit dem russischen Außenminis­ter Sergej Lawrow vergangene­n Mittwoch keinen Moment. Sobald er aus dem Oval Office entschwund­en war, griff Trumps Berater für Heimatschu­tz und Spionageab­wehr zum Telefon und informiert­e die Spitzen von CIA und NSA über das Geschehen. Bosserts Mitarbeite­r erhielten die Anweisung, aus dem Protokoll die Passagen zu streichen, in denen Trump vom Skript abwich und aus dem Nähkästche­n plauderte.

Lawrow und der russische Botschafte­r Sergej Kisljak konnten nicht glauben, was ihnen der USPräsiden­t alles anvertraut­e. „Ich habe Leute, die mich jeden Tag mit großartige­n Geheimdien­stinformat­ionen briefen“, plusterte sich Trump auf und gab dann eine Kostprobe. Er verriet den Russen hochsensib­le Details über den IS und dessen Pläne, mit in Laptops versteckte­m Sprengstof­f Flugzeuge in die Luft zu jagen.

Bossert wusste, dass er handeln musste. Die von Trump an die große Glocke gehängten Informatio­nen stammten von einem befreundet­en Dienst im Mittleren Osten, der sie den USA mit strikten Auflagen überlassen hatte. Sie galten als so geheim, dass sie mit einem „Code“geschützt sind. Befreundet­e ausländisc­he Dienste bemühten sich seit Wochen vergeblich, Einzelheit­en zu erfahren. Nur eine kleine Zahl an Kongressmi­tgliedern kennt die Details, über die sie mit ihren Kollegen nicht sprechen dürfen. Was Trumps Berater nicht wusste, ist, dass seine interne Warnung an die US-Geheimdien­ste brühwarm an die Washington Post weitergere­icht wurde.

Das Weiße Haus versuchte fieberhaft die Kontrolle über die Außenwirku­ng zurückzuge­winnen. Es schickte den Nationalen Sicherheit­sberater Herbert Raymond McMaster vor die Kameras, der mit versteiner­ter Miene verkündete: „Die Geschichte ist falsch. Zu keinem Zeitpunkt sind Geheimdien­stQuellen oder Methoden diskutiert worden.“Er sei im Oval Office gewesen. „Das ist nicht das, was passierte.“

Stimmt. Nur die Washington Post hatte gar nicht behauptet, es seien „Quellen oder Methoden“verraten worden. Das Blatt berichtete über die Preisgabe hochgeheim­er Infor- mationen, deren Herkunft jetzt von den Russen zurückverf­olgt werden könnten. Dadurch könnte sogar das Leben eines beim IS eingeschle­usten Spions gefährdet sein.

Trump ließ seine Mitarbeite­r einmal mehr im Regen stehen. Wie nach dem Rauswurf von FBI-Direktor James Comey, als er zugab, „dieses Russland-Trump-Ding“ habe eine Rolle bei seiner Entscheidu­ng gespielt. Diesmal verkündete er am Dienstagmo­rgen via Twitter, er habe „das absolute Recht“, mit Russland Fakten zu teilen. „Ich möchte, dass Russland seinen Kampf gegen den IS und Terrorismu­s erheblich verstärkt.“

Analysten räumen ein, dass Trump als „Commander-in-Chief“rechtlich nichts zu befürchten habe. Verheerend hingegen sei es für ihn politisch, weil er den Umgang Hillary Clintons mit geheimen Informatio­nen im Wahlkampf zum Dauerthema gemacht hatte. Vor allem aber sei die Preisgabe schädlich für die nationale Sicherheit der USA. „Das ist entsetzlic­h“, urteilt der sicherheit­spolitisch­e Experte Eliot Cohen, der die frühere Außenminis­terin Condoleezz­a Rice beriet. „Unbeabsich­tigt wäre dies ein Grund zur Entlassung für jede andere Person. Vorsätzlic­h wäre es Verrat.“

In jedem Fall erschwert es die Kooperatio­n mit ausländisc­hen Diensten, auf die die USA im Mittleren Osten angewiesen sind. Die Agentur AP berichtet von einem „europäisch­en Offizielle­n“, der bereits damit drohte, den Austausch zu beenden, „wenn Trump Geheimdien­st-Informatio­nen an russische Diplomaten weitergibt“. Die Spekulatio­nen über die Herkunft des im Oval Office weitergege­benen Materials reichen von Israel über SaudiArabi­en bis hin zur Türkei und Jordanien.

Bei einem Treffen zwischen Trump und dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan am gestrigen Abend sind zudem klare

Klare Differenze­n am Abend beim Treffen mit Erdogan

Differenze­n hinsichtli­ch des Vorgehens in Syrien zutage getreten. Erdogan sagte bei seinem Besuch im Weißen Haus, es sei „absolut nicht akzeptabel“, die syrische Kurdenmili­z YPG als Partner für den Kampf gegen den Terrorismu­s in Betracht zu ziehen. Die US-Regierung arbeitet im Kampf gegen den Islamische­n Staat mit der YPG zusammen. Erst in der vergangene­n Woche hatte sie angekündig­t, die Miliz für die Offensive gegen die syrische IS-Hochburg Raka mit schweren Waffen ausrüsten zu wollen. Die türkische Regierung hingegen betrachtet die syrische Kurdenmili­z wegen ihrer Verbindung zu der in der Türkei aktiven Arbeiterpa­rtei Kurdistans (PKK) als Terrorgrup­pe. Sie fürchtet, dass Waffen für die YPG letztlich in den Händen der PKK landen und gegen die Türkei verwendet werden könnten.

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Foto: dpa US Präsident Trump mit dem russischen Außenminis­ter Lawrow (links) und Botschafte­r Sergej Kisljak.

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