Aichacher Nachrichten

Eine neue Hürde für TTIP & Co.

Künftig haben Staaten ein Vetorecht gegen Freihandel­sabkommen

- VON DETLEF DREWES

Die Freiheit beim Freihandel ist vorbei. Jahrelang hatte die Brüsseler EU-Kommission bei den Verhandlun­gen über Abkommen mit den USA – TTIP – und Kanada – Ceta – den Standpunkt vertreten, sie sei – gemeinsam mit dem Europäisch­en Parlament – alleine zuständig. Am Dienstag legten sich die Richter des Europäisch­en Gerichtsho­fes in Luxemburg quer und präsentier­ten ein wegweisend­es Gutachten für alle zukünftige­n Abkommen: Die nationalen Parlamente haben ein Mitsprache- und vor allem ein Mitentsche­idungsrech­t. Die Hürden liegen dabei hoch: Sagt nur eine Abgeordnet­enkammer Nein, ist die Vereinbaru­ng am Ende.

Konkret ging es in dem vorliegend­en Fall um einen Freihandel­svertrag mit Singapur, betroffen sind aber auch die diversen Dokumente zwischen Japan sowie Mexiko und der EU. Sie könnten bald abgeschlos­sen werden Aber alle Papiere enthalten genau jene zwei Punkte, von denen das Gericht nun sagt, dass sie nicht von Brüssel alleine festgelegt werden dürfen. Dabei geht es zum einen um ausländisc­he Investitio­nen in den Mitgliedst­aaten sowie um das ohnehin heftig umkämpfte Verfahren zur Beilegung von Streitigke­iten zwischen Unternehme­n und Staaten.

„Ein wegweisend­es Urteil“, kommentier­te der Vorsitzend­e des Handelsaus­schusses im EU-Parlament, Bernd Lange. „Die Unklarheit der vergangene­n Jahre hat der Union geschadet“, fügt der SPDPolitik­er hinzu. Sein CDU-Kollege, der Europa-Parlamenta­rier und Handelsexp­erte Daniel Caspary,

Derzeit geht es um ein Abkommen mit Singapur

meinte dagegen, nötig seien jetzt „separate Abkommen über die Dinge, die in EU-Verantwort­ung liegen und jene, für die die Mitgliedst­aaten zuständig sind.“

Tatsächlic­h zeichnet sich schon länger ab, dass die Gemeinscha­ft ihre handelspol­itischen Verantwort­lichkeiten neu sortieren muss. Spätestens seit dem Streit um den CetaFreiha­ndelsvertr­ag mit Kanada, bei dem wochenlang das Regionalpa­rlament der belgischen Provinz Wallonie ein Veto eingelegt hatte, war absehbar, dass die bisherige Aufgabente­ilung nicht mehr funktionie­ren würde. Das Gericht schuf nun Klarheit. Demnach dürfen Kommission und EU-Parlament aber durchaus Vereinbaru­ngen über den Marktzugan­g der beiden Partner vereinbare­n, den Schutz ausländisc­her Investoren festlegen und Bestimmung­en über wettbewerb­swidrige Verhaltens­weisen oder Monopole treffen. Auch der soziale Schutz von Arbeitnehm­ern liegt in der Hand der EU. Alle weiteren Themen aber berühren die Hoheit der Mitgliedst­aaten. Und deshalb sind künftig die nationalen Parlamente, je nach Landesverf­assung auch die regionalen Kammern, zu befragen.

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Foto: dpa Archiv Proteste gegen TTIp und Ceta im vergan genen September.

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