Vorsicht vor Bekanntschaften im Urlaub
In jedem zweiten Reiseprospekt steht jetzt wieder der merkwürdige Satz: „Lassen Sie die Seele baumeln!“Wie der Urlauber am Strand etwas „baumeln“lassen kann, ist mir nicht einsichtig, und die „Seele“hab’ ich immer etwas weiter oben vermutet. Die Urlaubszeit ist ja nicht nur eine Periode der Freude und Lebenslust, sondern im Vorfeld auch eine Phase der Nervosität und Ängstlichkeit.
Die Zeiten, in denen wir beim Umtauschen von D-Mark in Drachmen oder Lira beschissen wurden, sind EU sei Dank vorbei. Dennoch lauern im Urlaub Gefahren. Wenn man in einem kretischen Bergdorf vom Nebentisch nur Zischlaute und rollendes „r“hört, weiß man: „Achtung, Augsburger!“Die Augsburger sitzen im Hotel am Abend gern zusammen und lassen den Tag Revue passieren („Also, do dürftser net eikoffa, die schpinnen!“).Nach etlichen Gläsern Weizen fallen Sätze wie „Mampfred, seimer uns doch mol ehrlich“. Das ist ein Satz, der unbedingte Solidarität einfordert.
Noch schlimmer ist es, auf Norddeutsche zu treffen. „Woher kommen Sie denn?“„Aus Augschburg.“„Wo ist das? Österreich?“Naja, seitdem der FCA in der Bundesliga spielt, ist der Bekanntheitsgrad von Augsburg gewaltig gestiegen. Aber norddeutschen Ignoranten muss man sagen: „Sie, Augschburg ist die Hauptstadt von Schwaben!“„Aja, Schwaben, Spätzle.“Da sagt man: „Nix Spätzle, Bosna.“
Am Abend sitzt man dennoch mit der neuen Urlaubsbekanntschaft zusammen, trinkt vier Flaschen Retsina und irgendwann sagt man in alkoholbedingter Jovialität „Bsuchts uns doch mal in Augschburg“. Am nächsten Morgen kommt einem die nüchterne Erkenntnis, Mensch, soll ich denen nicht sagen: „Ihr braucht’s fei net kommen, gell.“Was unhöflich wäre. Zwei Monate später tauchen die Urlaubsbekannten aus Hannover tatsächlich in Augsburg auf. Eine Woche lang müssen sie beherbergt und bewirtet werden. Also, da ist es besser, sich im Urlaub dem Ehepartner zu widmen.
*** An dieser Stelle blickt der Kabarettist Silvano Tuiach für uns auf das Geschehen in Augsburg und der Welt.