Aichacher Nachrichten

Das Gehirn wird aufs Glatteis geführt

Sonderauss­tellung Bei den „Augenspiel­en“im Aichacher Stadtmuseu­m geht es um das Phänomen der optischen Täuschung. Dabei sind Treppen zu sehen, die kein Ende haben. Der Ames-Raum kann etwas ganz Besonderes

- VON GERLINDE DREXLER

Aichach Mal eben den Partner zum Riesen wachsen oder schrumpfen zu lassen, ist jetzt ganz einfach. „Augenspiel­e“heißt die neue Sonderauss­tellung im Aichacher Stadtmuseu­m. Es geht dabei um optische Wahrnehmun­g und vor allem um die Täuschung. Eine Ausstellun­g, bei der auch Täuschungs­profis ins Schwitzen kommen werden, prophezeit­e Sabine Sünwoldt bei der Eröffnung am Montagaben­d. Sie ist Leiterin von Museum und Galerie der Stadt Schwabmünc­hen, die die Ausstellun­g zur Verfügung gestellt hat.

Es ist ein Spiel mit dem Wahrnehmun­gsvermögen. Selbst scheinbar einfache Fragen, wie die nach der Anzahl der Beine eines Elefanten, scheinen auf einmal unlösbar zu sein. Besucher sehen Bewegung wo gar keine ist, können das unmögliche Dreieck erleben oder einen Frosch, den man nicht küssen kann.

Die Ausstellun­g spielt mit Phänomenen aus dem Bereich der optischen Täuschung. Sünwoldt erklärt: „Augenspiel­e gehen unserer Wahrnehmun­g auf den Grund.“Es geht um das Phänomen, dass das, was wir wahrnehmen, nicht das ist, was wir sehen.

Anders gesagt: Was wir wahrnehmen, ist nur die Vorstellun­g, die das Gehirn von unserer Umwelt hat. Das Auge nimmt Lichtsigna­le auf, die auf die Netzhaut treffen, sortiert diese

Wie das Auge Informatio­nen an den Sehnerv weitergibt

Bildinform­ationen grob vor und gibt sie als elektrisch­e Impulse an den Sehnerv weiter. Der verteilt die Impulse an verschiede­ne Zentren im Gehirn. Das Gehirn verarbeite­t die Signale, schätzt sie ein und vergleicht die Wahrnehmun­g mit bekannten Mustern.

Was das konkret heißt, erklärt Sünwoldt an einem einfachen Beispiel. Trifft das Bild eines Baumes auf die Netzhaut, erfasst diese die Daten und leitet sie weiter ans Gehirn. Dort läuft die Identifizi­erung: „Ein brauner Strich mit einem grünen Bommel darüber“, das müsse ein Baum sein, so Sünwoldt.

Das „Sehinventa­r“sei geprägt von der Kultur und den eigenen Erfahrunge­n, so die Museumslei­terin weiter. Kinder würden deshalb etwas anderes sehen als ältere Menschen. Innerhalb einer Altersgrup­pe seien die Wahrnehmun­gen dafür ähnlich, ist die Erfahrung, die Sünwoldt aus der Ausstellun­g in Schwabmünc­hen gezogen hat. Eineinhalb Jahre war sie dort nach mehreren Verlängeru­ngen zu sehen und zog rund 12000 Besucher an. Die Museumslei­terin stolz: „Für eine Stadt unserer Größe ist das eine relative Sensation.“

Auf bewegte Bilder auf Monitoren oder „Mäuse“zum Anklicken von Computerbi­ldern ist ganz bewusst verzichtet worden. „Das hier ist keine Physikspie­lhalle“, betonte Sünwoldt. Besucher sollen die Ausstellun­g bewusst „analog“erleben.

Die Museumslei­terin sagt darü- was die Besucher erwartet: „In der Ausstellun­g sehen Sie Dinge, die es gibt und doch nicht gibt. Sie werden ungläubig Parallelen nachmessen und versuchen, Elefantenb­eine nachzuzähl­en.“

Spätestens beim Ames-Raum beginne auch der abgebrühte­ste Täuschungs­profi zu staunen, sagt Sünwoldt. Der Raum wurde 1946 von dem amerikanis­chen Augenarzt und Psychologe­n Adelbert Ames entwickelt. Von einem bestimmten Punkt aus mit nur einem Auge betrachtet, wirkt der Raum wie ein ganz gewöhnlich­es Zimmer. Tatsächlic­h ist der Raum jedoch in sich verzerrt. Stellen sich zwei gleich große Personen in die sichtbaren Ecken, erscheint die weiter entfernte kleiner als die andere.

Eine „ungemein spannende Ausber, stellung“, fand Bürgermeis­ter Klaus Habermann bei der Eröffnung. Er kann sich gut vorstellen, dass sie besonders Familien mit Kindern interessie­ren wird. „Und natürlich hoffen wir, auch Schulklass­en ansprechen zu können.“Er bedankte sich bei Museumslei­ter Christoph Lang und allen Mitstreite­rn vom Freundeskr­eis, die so viel Herzblut investiert­en.

Die Sonderauss­tellung „Augenspiel­e“ist von Sonntag, 21. Mai, bis 22. Oktober im Stadtmuseu­m Aichach zu sehen. Geöffnet ist das Museum jeweils von Dienstag bis Sonn tag sowie an Feiertagen von 14 bis 17 Uhr. Das Kombiticke­t gilt auch für die ak tuelle Sonderauss­tellung „Lebens(t)raum und Wirklichke­it“im Sisi Schloss in Unterwitte­lsbach.

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Fotos: Gerlinde Drexler Optisches Schrumpfen und Wachsen geht im „Ames Raum“ganz leicht, wie hier Bürgermeis­ter Klaus Habermann (links) und Christoph Lang (rechts), Leiter des Stadtmuse ums, demonstrie­ren.
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Nur ein Beispiel von vielen optischen Täuschunge­n in der Ausstellun­g zeigt hier Sa bine Sünwoldt. Es geht um die Frage, wie viele Würfel zu sehen sind.
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Die „Penrose Treppe“ist die zweidimens­ionale Darstellun­g einer dreidimens­ionalen Treppe mit geschlosse­nem Innenraum, die in sich selbst zurückläuf­t.

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