Aichacher Nachrichten

Ein Huchen aus der Brutbox?

Tiere Wie der Fischereiv­erein Meitingen eine seltene und gefährdete Fischart im Lech wieder ansiedeln will

- VON MARGRET STURM

Meitingen Es ist kein Vergnügen, einen 80 Kilo schweren Betonblock durch den Lechauwald zu schleppen. Doch die kleine Truppe des Fischereiv­ereins Meitingen, die sich hier gerade durchs Gebüsch kämpft, hat ein klares Ziel vor Augen: Im Mädlelech, einem geschützte­n Seitenarm des Lechs, wollen sie eine Brutanlage installier­en, in der Huchen gefahrlos aufwachsen können. Auch der schwere Betonblock hat dabei eine wichtige Funktion. Schon seit zehn Jahren versucht der Fischereiv­erein Meitingen sein Glück bei der Wiederansi­edlung des Huchens, der auch Donaulachs genannt wird, weil er nur im Donau-Einzugsgeb­iet vorkommt und in etwa so groß wird wie der Lachs, nämlich bis zu 1,40 Meter. Doch bisher waren sämtliche Versuche vergeblich.

Der Huchen gilt inzwischen als stark gefährdete Art. Querverbau­ungen durch Kraftwerke, fehlende Strukturen im Wasser wie Wurzeln, Steine und Geäst sowie Nahrungsma­ngel – der Huchen frisst andere Schwarmfis­che wie die Nase, von der es früher Tausende gab – sind die Gründe. Ob es wohl dieses Mal mit der Wiederansi­edlung klappt?

„Man muss einen langen Atem haben“, sagt Reinhard Reiter, Zweiter Vorsitzend­er des Fischereiv­ereins und promoviert­er Agrarwisse­nschaftler, der die kleine Truppe von jugendlich­en Vereinsmit­gliedern anführt. Der etwa zwei Kilometer lange, versteckt liegende Wasserarm, in dem es langsame und schnell fließende Bereiche gibt, wurde vom Fischereiv­erein zum Schonbezir­k erklärt und ist deshalb ideal als Jungfischh­abitat. Reiter steigt ins Wasser, und dann helfen Lukas, Jonas und Matthias, den Betonblock an die richtige Stelle zu bugsieren. Daran befestigen sie eine Brutbox, die sich der Verein beim Hersteller in Schrobenha­usen geliehen hat. Das Wasser muss die Brutbox mit einer Geschwindi­gkeit von mindestens einem halben Meter pro Sekunde durchström­en, um genug Sauerstoff hineinzubr­ingen.

Die wertvolle Brut, rund 5000 Huchen-Eier, steckt noch im Plastikbeu­tel. Der Verein hat sie für 250 Euro beim schwäbisch­en Fischerei- verein in Salgen gekauft. Vorsichtig öffnet Reiter den Beutel und verteilt die hellroten Eier gleichmäßi­g auf die Abteile der Brutbox. Die Eier befinden sich schon im Augenpunkt­stadium und brauchen bei dieser Wassertemp­eratur von etwa zehn Grad wohl nur noch eine knappe Woche bis zum Schlüpfen.

Wenn der Dottersack aufgebrauc­ht ist, können die Tiere durch die Lochung der Brutbox ins Gewässer schwimmen; die Eier sind dagegen zu groß, um durchzupas­sen. „Wenn zehn Prozent der Fische ein Jahr überleben und ein Prozent laichreif wird, wäre das ein Erfolg“, hofft Reiter, der den Deckel auf die Box drückt und alles mit Gummis sichert. Die Meitinger Huchen-Rettungstr­uppe tritt den Rückweg an, denn nun bleibt nichts zu tun, als abzuwarten. In ein paar Tagen will Reiter nachschaue­n, wie sich die Brut entwickelt und ob verpilzte Eier dabei sind, die man aussortier­en müsste. Noch sind alle guter Dinge und voller Optimismus.

Eine Woche später hat Reiter leider keine guten Nachrichte­n zu vermelden: Fast die ganze Brut ist abgestorbe­n. „Ein großer Anteil war verpilzt“, muss er den enttäuscht­en Jugendlich­en verkünden. Der Pilz Saprolegni­a befindet sich in jedem Gewässer. Er befällt vor allem kranke und abgestorbe­ne Fischeier und kann dann auf die gesunden Eier überwucher­n. Diese können nicht mehr atmen und sterben ebenfalls ab. Was zehn Jahre lang nicht klappte, war also auch dieses Mal vermutlich vergeblich. Ein paar Fische sind zwar geschlüpft, doch ob daraus ein neuer Bestand werden kann, scheint fraglich.

Dabei hat der Fischerein­verein Meitingen schon etliche Anstrengun­gen unternomme­n, um den Huchen hier im Lech wieder anzusiedel­n: Setzlinge, das sind zehn bis 20 Zentimeter lange Fische, wurden ins Wasser eingebrach­t, ebenso 60 bis 70 Zentimeter lange Laichhuche­n – aber die Fische haben sich wohl nicht vermehrt.

 ?? Fotos: Marcus Merk ?? Mitglieder des Fischereiv­ereins Meitingen versenken die Brutbox im Mädlelech bei Meitingen: (von rechts) Reinhard Reiter, Matthias Leblang und Lukas Reiter.
Fotos: Marcus Merk Mitglieder des Fischereiv­ereins Meitingen versenken die Brutbox im Mädlelech bei Meitingen: (von rechts) Reinhard Reiter, Matthias Leblang und Lukas Reiter.
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Reinhard Reiter verteilt die Huchen Eier sorgfältig auf die ein zelnen Abteile der Brutbox.

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