Ein Huchen aus der Brutbox?
Tiere Wie der Fischereiverein Meitingen eine seltene und gefährdete Fischart im Lech wieder ansiedeln will
Meitingen Es ist kein Vergnügen, einen 80 Kilo schweren Betonblock durch den Lechauwald zu schleppen. Doch die kleine Truppe des Fischereivereins Meitingen, die sich hier gerade durchs Gebüsch kämpft, hat ein klares Ziel vor Augen: Im Mädlelech, einem geschützten Seitenarm des Lechs, wollen sie eine Brutanlage installieren, in der Huchen gefahrlos aufwachsen können. Auch der schwere Betonblock hat dabei eine wichtige Funktion. Schon seit zehn Jahren versucht der Fischereiverein Meitingen sein Glück bei der Wiederansiedlung des Huchens, der auch Donaulachs genannt wird, weil er nur im Donau-Einzugsgebiet vorkommt und in etwa so groß wird wie der Lachs, nämlich bis zu 1,40 Meter. Doch bisher waren sämtliche Versuche vergeblich.
Der Huchen gilt inzwischen als stark gefährdete Art. Querverbauungen durch Kraftwerke, fehlende Strukturen im Wasser wie Wurzeln, Steine und Geäst sowie Nahrungsmangel – der Huchen frisst andere Schwarmfische wie die Nase, von der es früher Tausende gab – sind die Gründe. Ob es wohl dieses Mal mit der Wiederansiedlung klappt?
„Man muss einen langen Atem haben“, sagt Reinhard Reiter, Zweiter Vorsitzender des Fischereivereins und promovierter Agrarwissenschaftler, der die kleine Truppe von jugendlichen Vereinsmitgliedern anführt. Der etwa zwei Kilometer lange, versteckt liegende Wasserarm, in dem es langsame und schnell fließende Bereiche gibt, wurde vom Fischereiverein zum Schonbezirk erklärt und ist deshalb ideal als Jungfischhabitat. Reiter steigt ins Wasser, und dann helfen Lukas, Jonas und Matthias, den Betonblock an die richtige Stelle zu bugsieren. Daran befestigen sie eine Brutbox, die sich der Verein beim Hersteller in Schrobenhausen geliehen hat. Das Wasser muss die Brutbox mit einer Geschwindigkeit von mindestens einem halben Meter pro Sekunde durchströmen, um genug Sauerstoff hineinzubringen.
Die wertvolle Brut, rund 5000 Huchen-Eier, steckt noch im Plastikbeutel. Der Verein hat sie für 250 Euro beim schwäbischen Fischerei- verein in Salgen gekauft. Vorsichtig öffnet Reiter den Beutel und verteilt die hellroten Eier gleichmäßig auf die Abteile der Brutbox. Die Eier befinden sich schon im Augenpunktstadium und brauchen bei dieser Wassertemperatur von etwa zehn Grad wohl nur noch eine knappe Woche bis zum Schlüpfen.
Wenn der Dottersack aufgebraucht ist, können die Tiere durch die Lochung der Brutbox ins Gewässer schwimmen; die Eier sind dagegen zu groß, um durchzupassen. „Wenn zehn Prozent der Fische ein Jahr überleben und ein Prozent laichreif wird, wäre das ein Erfolg“, hofft Reiter, der den Deckel auf die Box drückt und alles mit Gummis sichert. Die Meitinger Huchen-Rettungstruppe tritt den Rückweg an, denn nun bleibt nichts zu tun, als abzuwarten. In ein paar Tagen will Reiter nachschauen, wie sich die Brut entwickelt und ob verpilzte Eier dabei sind, die man aussortieren müsste. Noch sind alle guter Dinge und voller Optimismus.
Eine Woche später hat Reiter leider keine guten Nachrichten zu vermelden: Fast die ganze Brut ist abgestorben. „Ein großer Anteil war verpilzt“, muss er den enttäuschten Jugendlichen verkünden. Der Pilz Saprolegnia befindet sich in jedem Gewässer. Er befällt vor allem kranke und abgestorbene Fischeier und kann dann auf die gesunden Eier überwuchern. Diese können nicht mehr atmen und sterben ebenfalls ab. Was zehn Jahre lang nicht klappte, war also auch dieses Mal vermutlich vergeblich. Ein paar Fische sind zwar geschlüpft, doch ob daraus ein neuer Bestand werden kann, scheint fraglich.
Dabei hat der Fischereinverein Meitingen schon etliche Anstrengungen unternommen, um den Huchen hier im Lech wieder anzusiedeln: Setzlinge, das sind zehn bis 20 Zentimeter lange Fische, wurden ins Wasser eingebracht, ebenso 60 bis 70 Zentimeter lange Laichhuchen – aber die Fische haben sich wohl nicht vermehrt.