Milchriese will Omira schlucken
Der französische Konzern Lactalis soll angeschlagene Genossenschaft mit Standort Neuburg übernehmen. Garantie für Milchpreis: Auch Landwirte aus Region beliefern das Unternehmen. Gesellschafter entscheiden im Juni
Der weltgrößte Hersteller von Milchprodukten, der französische Lactalis-Konzern, will die angeschlagene Molkerei Omira übernehmen. Die Genossenschaftsmitglieder von Omira müssen dem Plan noch zustimmen. Die früheren Neuburger Milchwerke waren seit 1999 Kooperationspartner der Oberland-Milchverwertung Ravensburg am Bodensee und sind seit 2014 eine Omira-Tochter. Lactalis will alle Produktionsanlagen und die Mitarbeiter übernehmen und garantiere außerdem, in die Anlagen zu investieren, heißt es in einer Mitteilung. Gleichzeitig sichert Lactalis den Lieferanten von Omira einen festen Milchpreis für die Dauer von zehn Jahren zu.
Lactalis ist ein französisches Familienunternehmen in dritter Generation. Mit 75000 Mitarbeitern auf allen Erdteilen setze Lactalis im vergangenen Jahr 17 Milliarden Euro um. Zu den in Deutschland bekanntesten Produkten gehört der Camembert Le Président. Die Omira ist bislang genossenschaftlich organisiert, sie ist also im Besitz von 2600 Milchbauern, die ihren Rohstoff an die Molkerei liefern. Gegründet im Jahr 1929 zu Zeiten der Weltwirtschaftskrise, würde das Traditionsunternehmen nach 88 Jahren seine Eigenständigkeit aufgeben. Im Neuburger Milchwerk im Grünauer Industriegebiet sind rund 200 Mitarbeiter beschäftigt.
Auch Landwirte aus dem Wittelsbacher Land liefern an die Omira – allerdings ist das nur ein kleiner Teil der Milchbauern im nördlichen Landkreis. Die in einer Genossenschaft zusammengeschlossenen Milchlieferanten aus der Region Aichach verkauften 1998 ihr Milchwerk an die Molkerei Zott in Mertingen (Kreis Donau-Ries). Auf dem Milchwerkgelände steht mittlerweile ein Einkaufszentrum. Seither wird die Milch aus dem Wittelsbacher Land zum Großteil in der Molkerei im Nachbarlandkreis verarbeitet. Vor zwei Jahrzehnten waren es noch über 900 Lieferanten. Und zu den Hochzeiten der kleinteiligen bäuerlichen Landwirtschaft in den 40er- und 50er-Jahren brachten über 3500 Landwirte ihre Milch nach Aichach. Heute zählt die Aichacher Genossenschaft weit unter 300 Lieferanten.
Unklar ist, wie die Besitzstruktur bei Omira nach dem Verkauf an Lactalis künftig aussehen wird. Omira selbst spricht von einer Übernahme, bei der „die genossenschaftliche Struktur zwischen Omira und den Milcherzeugern erhalten bleibt“. „Die Verträge zwischen Erzeugern und Omira blieben unverändert bestehen“, heißt es in der Mitteilung des Unternehmens. Und: Der von Lactalis zugesicherte Milchpreis für zehn Jahre für alle Milcherzeuger solle immer im Durchschnitt der Region liegen, teilt die Genossenschaft mit. Der Kaufpreis ist nicht öffentlich bekannt. Die Omira-Gesellschafter müssten der von der Unternehmensleitung mit dem französischen Konzern ausgehandelten Übernahme erst noch zustimmen. Die Molkerei kämpfte vor allem in den vergangenen Jahren mit den niedrigen Preisen für Frischmilch und Magermilchpulver. 2016 lag der Umsatz laut Firmenangaben bei 420 Millionen Euro, nach 460 Millionen im Vorjahr. Für das Unternehmen arbeiten insgesamt rund 650 Mitarbeiter. Der französische Konzern plant, mit der Übernahme den deutschen Markt für sich zu erschließen.
Die Omira-Standorte Ravensburg und Neuburg sollen weiterentwickelt und durch Investitionen spezialisiert werden – der Standort Ravensburg auf Industrieprodukte wie hochwertiges Milchpulver und Fettprodukte und der Standort Neuburg primär auf Milchgetränke, Joghurt und Fertigdesserts, so Lactalis. Alle Omira-Milcherzeuger und Mitarbeiter würden in Infoveranstaltungen über die Übernahme informiert, bevor die gewählten Vertreter in der Gesellschafterversammlung am 22. Juni über den Verkauf abstimmen. (AN, cli)