Aichacher Nachrichten

So klappt das Mähen mit der Sense

In Thierhaupt­en zeigt Biobauer Georg Hahn vom Frühjahr bis zum Herbst jeden Samstag Interessie­rten, wie man mit dem Gerät umgeht und was dabei wichtig ist. Warum Frühaufste­hern die Arbeit besonders leicht von der Hand geht

- VON SONJA DILLER Informatio­nen zum Sensen und den Kursen gibt es online unter www.sensenvere­in.de sowie unter www.hahnhof.info

Zhhht. Zhhht. Mit einem leisen Zischen gleitet das Sensenblat­t durch das hohe Gras auf der saftig-grünen Wiese nur einen Steinwurf von der Klostermüh­le in Thierhaupt­en entfernt. Scheinbar mühelos falten sich Grashalme und Wiesenblum­en zu kleinen Reihen duftenden Grüns. Das erinnert an die Zeiten, als Wiesen noch blühen und gut riechen und bunt sein durften. Das ist ein Thema, bei dem Biobauer und Sensenlehr­er Georg Hahn in Schwung kommt. Die auf immer mehr Ertrag und weniger Rücksicht auf die Natur ausgericht­ete Bewirtscha­ftung ärgert ihn genauso wie die geschniege­lten Privatgärt­en ohne Rückzugsec­ken für Pflanzen und Tiere. Der Mensch tut sich damit nichts Gutes, ist er überzeugt. Auf den Hahnhof im oberbayeri­schen Großhartpe­nning kommen vom Frühjahr bis in den Herbst hinein jeden Samstag Menschen, denen er das Rüstzeug dafür mitgibt, in Ruhe und im Einklang mit der Natur ihre Grundstück­e zu pflegen. An diesem Sonntagmor­gen ist er nach Thierhaupt­en gekommen, um in Zusammenar­beit mit dem Landschaft­spflegever­band des Landkreise­s das alte Wissen um das Mähen mit der Sense weiterzuge­ben.

Zehn Interessie­rte und damit auch schon die maximale Teilnehmer­zahl rücken mit festem Schuhwerk und damit schon der ersten unbedingte­n Voraussetz­ung zum Sensen an. Denn bei der Sicherheit versteht der Schorsch keinen Spaß. „Sauscharf“sind die Scheideblä­tter der Arbeitsger­äte, ein falscher Griff, ein Stolpern über unsachgemä­ß abgelegtes Arbeitsger­ät und der ErsteHilfe-Kasten müsste zum Einsatz kommen, warnt er. Und dann beginnt mit der Materialku­nde ein Tag voller Überraschu­ngen. Denn wer denkt, es würde reichen, die alte Sense des Großvaters aus dem Schuppen zu holen und loszulegen, der irrt. Die Sense eines Zwei-Meter-Mannes ist nichts für einen beträchtli­ch kürzeren Senser und umgekehrt. Der Stiel soll gerade mal bis zur Nasenspitz­e reichen, die beiden Griffe müssen so eingestell­t werden, dass es Muskelkate­r im Oberschenk­el gibt, aber keine Rückenschm­erzen, grinst der Schorsch. Denn er weiß, dass die Neuen an der Sense am nächsten Tag an ihn denken werden.

Danach muss die Stellung der Schneide eingestell­t werden, damit sie über den Boden gleitet und man schön schneiden kann, anstatt unschöne Hackversuc­he im Grünen anzustelle­n. „So gesehen habe ich bisher wohl alles falsch gemacht, was man nur falsch machen kann“, seufzt Roland und merkt sich die Vorbereitu­ngsschritt­e ganz genau. Ihn und die anderen Senser hat der Schorsch gleich bei der Begrüßung der Kursteilne­hmer zum „Du“vergattert, denn wer gemeinsam schwitzend auf der Wiese steht, dem fällt das „Sie“ohnehin schon nach ein paar Minuten schwer.

Zu warm ist es eigentlich an diesem sonnigen Morgen schon, denn das Sensen geht bei nassem Gras am besten. Wer bisher beim Rasenmähen immer gewartet hat, bis alles trocken ist, damit die Halme nicht im Mähwerk kleben bleiben, muss umdenken. Wie beim Rasieren über die eingeseift­e Haut gleitet die Schneide durch das taufeuchte Grün, erklärt der Lehrer seinen aufmerksam­en Schülern. Morgens um fünf ist deshalb die beste Zeit zum Sensen. „Trockenes Gras fühlt sich unter der Sense an wie Gummi“, hat der Schorsch immer griffige Vergleiche parat.

Nach dem Herrichten der Sense nach eigenem Maß geht es endlich los. Und mit den vielen Tipps vom Profi sieht das schon ganz ordentlich aus. Bei Andrea ist der Halbkreis, den man probehalbe­r in die Wiese mäht, ein bisschen kleiner als beim deutlich größer gewachsene­n Stefan, aber das macht nichts. Die Qualität ist es, die zählt, nicht die Quantität, trösten sich die Senser mit geringerer Reichweite. Nach ein paar Metern lässt die Schärfe der Schneide auch schon nach, dann kommt der Wetzstein zum Einsatz, zu dem es wieder jede Menge Informatio­nen gibt. Je nach Härte des Grases reicht das regelmäßig­e Wetzen für zwei oder drei Stunden, danach muss das Schneidbla­tt gedengelt werden. Eine Kunst, die man auch beim Schorsch lernen kann, aber dafür reicht der kurze Vormittag auf der Wiese nicht aus.

Bei der wohlverdie­nten Brotzeit erzählen die Sensenschü­ler von geerbten oder erst selbst gekauften Grundstück­en, die sie als kleine Naturinsel­n für die Pflanzen und Tiere, aber auch für die Menschen bewahren wollen. Stefan, der als Manager im IT-Geschäft arbeitet, braucht die Arbeit im eigenen Wald und noch einem Hektar Wiese, die den Kopf so unvergleic­hlich frei macht vom Tagesstres­s. Und Werner Burghart, der als Geschäftsf­ührer des Landschaft­spflegever­bandes die Organisati­on des Tages in die Hand genommen hat, schwärmt von „Wiesen wie fein gewebte Teppiche“, die durch die sorgsame Pflege mit der Sense entstehen.

Beim Sensen haben nicht nur Tiere, die sich im hohen Gras verstecken, Zeit, vor der scharfen Klinge zu flüchten. Auch der Mensch hat Zeit zum Fühlen und Denken. Für Andrea ist die stille Arbeit auf der duftenden Wiese Meditation. Und auch der zupackende Schorsch meint es durchaus ernst, wenn er Qigong-Bewegungen zur Entspannun­g empfiehlt. Dass es nötig und wertvoll ist, der Natur die Zeit zu geben, sich zu entfalten und dem Menschen die Ruhe, mit Bedacht in der Natur zu arbeiten, sind schöne Erkenntnis­se, die zehn enthusiast­ische Senser an einem sonnigen Sonntagvor­mittag von einer Wiese in Thierhaupt­en mit nach Hause nehmen.

 ?? Fotos: Sonja Diller ?? Schön ordentlich sensen. Georg Hahn schaut genau hin, wie die Teilnehmer des Kurses mit der Sense umgehen.
Fotos: Sonja Diller Schön ordentlich sensen. Georg Hahn schaut genau hin, wie die Teilnehmer des Kurses mit der Sense umgehen.
 ??  ?? Georg Hahn (links) gibt Tipps zu dem Gerät, das ein Teilnehmer zu dem Kurs in Thier haupten mitgebrach­t hat.
Georg Hahn (links) gibt Tipps zu dem Gerät, das ein Teilnehmer zu dem Kurs in Thier haupten mitgebrach­t hat.

Newspapers in German

Newspapers from Germany