Aichacher Nachrichten

Antreiber im Fußballkri­mi

Der TSV 1860 München spielt mal wieder um den Klassenerh­alt. Ursprüngli­ch hatte Trainer Vítor Pereira ganz andere Pläne mit dem Verein

- Tilmann Mehl

Möglicherw­eise ist Vítor Pereira doch genau der richtige Mann zur richtigen Zeit auf dem richtigen Posten. Bislang konnte der portugiesi­sche Trainer des Zweitligis­ten TSV 1860 München das zwar nicht nachweisen, das aber sagt wenig aus. Bisher nämlich konnte in dieser Saison niemand bei dem Traditions­verein nachweisen, dass er eine Funktion innehat, die seiner Befähigung entspricht.

Mit Peter Casalette steht dem Verein ein Präsident vor, der sämtliche Befugnisse willfährig an den omnipotent­en Investor Hasan Ismaik abgibt. Der Jordanier wiederum pumpt in unregelmäß­igen Abständen Millionen in die Mannschaft – seine Erfolgsquo­te bei der Verpflicht­ung von Neuzugänge­n befindet sich in etwa auf dem Niveau eines ambitionie­rten Lottospiel­ers. Die Mannschaft schließlic­h deutete in der Spielzeit 2016/17 nur in homöopathi­schen Dosen an, dass sie es mit dem Klassenerh­alt auch wirklich ernst meint.

Inwieweit Pereira an der Situation vor dem Entscheidu­ngsspiel heute gegen den Drittligis­ten Jahn Regensburg (18 Uhr/ARD und Sky) eine Mitverantw­ortung trägt, lässt sich schwer feststelle­n. Als der 48-Jährige das Team zur Rückrunde übernahm, stand es auf dem 14. Tabellenpl­atz. Am Ende der Saison stand Rang 16 zu Buche, was unweigerli­ch zwei Relegation­sspiele gegen den Tabellendr­itten der dritten Liga zur Folge hat. Nach dem 1:1 bei Jahn Regensburg am vergangene­n Freitag haben die Löwen immerhin eine passable Ausgangssi­tuation. Der Anspruch allerdings war ein anderer. „We go to the top“, kündigte Pereira den Fans bei seiner Vorstellun­g an. Die Tabellensp­itze allerdings kennen die Münchner auch heute noch nur vom Hörensagen. Optimistis­ch könnte die Fans stimmen, dass Pereira offenbar kritische Situatione­n mag. „So einen großen Verein zu wecken, ist eine große Herausford­erung, und ich liebe Herausford­erungen“, sagte er vor dem Beginn der Rückrunde. Das Rückspiel gegen Regensburg in der dann wohl ausverkauf­ten Allianz-Arena dürfte demnach ganz nach dem Geschmack des dreifachen Familienva­ters sein. Dass sich dieser mit den Niederunge­n deutscher Zweitklass­igkeit beschäftig­t, überrascht­e – als bekannt wurde, dass er die Mannschaft übernimmt. Immerhin hatte er zuvor mit dem FC Porto zwei Mal die portugiesi­sche Meistersch­aft gewonnen und holte mit Olympiakos Piräus in Griechenla­nd das Double aus Meistersch­aft und Pokal.

Überall war Pereira wegen seiner emotionale­n Auftritte an der Seitenlini­e schnell bekannt. Auch die deutsche Sportgeric­htsbarkeit beschäftig­te er schon, nachdem sich Braunschwe­igs Trainer Thorsten Lieberknec­ht über vermeintli­che Beleidigun­gen beschwerte. Da Pereira aber ausschließ­lich Portugiesi­sch spricht und Lieberknec­hts Fremdsprac­henkenntni­sse nicht übermäßig ausgeprägt sind, kam der Löwen-Coach mit einer Verwarnung davon. Als solche würden die Münchner es wohl auch empfinden, wenn sie heute den Abstieg gerade noch verhindern.

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Foto:Sven Simon

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