Aichacher Nachrichten

Ferrari baut auf die Deutschen

- VON MILAN SAKO ms@augsburger allgemeine.de

Neulich wieder einen italienisc­hen Camper vor seinem Mobilhome an der Wertach in Augsburg getroffen. Kurzes Gespräch über woher, wohin und den Grund des Besuchs. Schwärmen über die Schönheit der Städte jenseits des Brenners und die Begabung der Einwohner, alle Probleme der Welt bei einer Tasse Espresso und einem Weißwein wegzuplaud­ern. Ach, erwidert der Mann, er fahre wahnsinnig gerne nach Deutschlan­d. Hier gibt es auch schöne Städte, aber alles ist sauber und so gut organisier­t. Das genießt er, Urlaub vom Chaos am Stiefel.

Danke, das ist die Antwort auf die Frage, warum sich Ferrari vor der Saison 2015 Sebastian Vettel als Fahrer angelte. Vielleicht, weil der Heppenheim­er mit Red Bull vier Weltmeiste­rtitel holte. Auch, denn schnell im Kreis zu fahren ist eine notwendige Voraussetz­ung, um eine Festanstel­lung beim traditions­reichsten Rennstall der Formel 1 zu ergattern. Aber das entscheide­nde Kriterium: Vettel ist Deutscher. Die Scuderia hofft auf den Schumacher-Effekt. Mit „Michele“feierte das Team die größten Erfolge – fünf WM-Titel zwischen 2000 und 2004 in Folge. Der inzwischen schwer verunglück­te Kerpener hatte allerdings lange Aufbauarbe­it bei den als chaotisch geltenden Italienern leisten müssen. Erst in Schumacher­s fünftem Ferrari-Jahr klappte es mit dem Titel. Danach – ausgenomme­n der Ausreißer von Kimi Räikkönen in 2007 – ärgerten sich die Roten meist grün und blau.

2017 könnte die Durststrec­ke zu Ende gehen. In der Gesamtwert­ung hat Vettel ein sattes 25-Punkte-Polster auf den Mercedes-Rivalen Lewis Hamilton herausgefa­hren. Der dritte Saisonsieg in Monaco war der bislang emotionals­te Triumph in Rot. Ferrari-Boss Sergio Marchionne schwärmte: „Endlich gibt das Auto unseren Tifosi die Freude, die sie verdienen.“

Die Italiener drehten vor der Saison an vielen Stellschra­uben. Mit dem neuen Technikche­f Mattia Binotto verfügt das Team über ein neues Superhirn. Ein biegsamer Heckflügel, ein flexibler Unterboden und ein reifenscho­nendes Chassis sind die Zutaten des Aufschwung­s. Aber den wichtigste­n Beitrag liefert ein akribisch arbeitende­r analytisch­er Fahrer, der altgedient­e Ferrari-Mitarbeite­r an einen anderen Deutschen bei der Scuderia erinnert.

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Foto: dpa Die Ferrari Crew jubelt mit Sebastian Vettel.
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