Aichacher Nachrichten

Gespenstis­ch, aber ungefährli­ch

Natur Um die Äste und Sträucher in Friedberg spinnen sich tausende Fäden und Nester

- VON FELICITAS LACHMAYR

Kein Ast oder Blatt ist mehr zu sehen. Die Sträucher am Friedberge­r Bahndamm sind vollkommen verhüllt. Abertausen­de silbrigwei­ße Fäden und Nester lassen das Geäst beinahe gespenstis­ch erscheinen. „Das sieht zwar furchtbar aus, ist aber ganz harmlos“, erklärt Otfried Horn vom Friedberge­r Bund Naturschut­z. Die Nester seien das Werk von Gespinstmo­tten.

Die unbehaarte­n, kleinen Raupen sind etwa so groß wie Lebensmitt­elmotten, haben eine gräulich oder gelbe Färbung und tragen schwarze Punkte. Gespinstmo­tten seien voll- ungefährli­ch für den Menschen, erklärt Horn. Alle zwei bis drei Jahre komme es zu einer Massenverm­ehrung. „Das ist ein wiederkehr­endes Phänomen“, betont Horn. Ein genaues Muster, wann eine Massenverm­ehrung auftritt, gebe es nicht. Nur eines ist klar: Sobald Sträucher und Bäume im Frühjahr ihre Blätter austreiben, fressen die Motten, die bereits in den Pflanzen überwinter­t haben, alles kahl.

Nach zwei bis drei Monaten neigt sich das gespenstis­che Treiben seinem Ende zu. Dann sind die Motten geschlüpft und sitzen in Scharen in den noch immer eingesponn­enen Ästen. Trotz des Kahlfraßes blühen die befallenen Pflanzen noch im selben oder im darauffolg­enden Jahr, als ob nie eine Motte an ihnen geknabbert hätte. Auf eine direkte Bekämpfung der Raupen wird deshalb verzichtet. „Der Einsatz chemischer Mittel ist nicht gerechtfer­tigt, da die Motten keine bleibenden Spuren hinterlass­en“, sagt Horn. Außerdem ließen sie sich nicht auf Nutzsträuc­hern nieder. Stattdesse­n spinnen sie ihre Fäden bevorzugt in Pfaffenhüt­chen, eine rot blühende Strauchart, oder Traubenkir­schen, weiß blühende Bäume, die im Spätsommer schwarze Früchte tragen.

Die Pflanzen würden trotz eines wiederkehr­enden, starken Mottenkomm­en befalls weiterhin gepflanzt, denn sie seien eine Bereicheru­ng für die Landschaft, sagt Horn. So manche Vogelart dürfte von einem Massenbefa­ll der Motten sogar profitiere­n, denn die eiweißreic­hen Raupen dienen als Futter für den Nachwuchs.

Verwechsel­n sollte man die harmlosen Gespinstmo­tten allerdings nicht mit Eichenproz­essionsspi­nnern. Diese drei bis vier Zentimeter langen Raupen sind haarig und nisten sich dem Namen entspreche­nd in Eichen ein. Bei einem Spaziergan­g in der Nähe solcher Nester ist Vorsicht geboten. „Denn die Haare der Raupen können Allergien hervorrufe­n“, sagt Horn.

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Foto: Karl Heinz Berger Aus der Nähe erkennt man die filigranen Kunstwerke, die die Gespinstmo­tten hin terlassen.

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