Aichacher Nachrichten

Auto waschen? Nein danke!

Interview Dieser Opel von 1956 sieht nicht nur aus wie ein Wrack, er ist eine echte Rostlaube. Warum ihn sein Besitzer seit 40 Jahren nicht sauber macht und was die Berliner Behörden sagen

-

Herr Rodewald,an Ihrem Sie Auto haben nur 1977 noch das beschlosse­n, Nötigsteme­hr zu waschen.zu reparieren Warum und das es denn? nicht

keine Hanns absichtlic­heLüdecke Rodewald: Entscheidu­ng,Das wardas hat Verkaufsve­rsuchsich nach einemso ergeben. gescheiter­tenUnd im Berlin der 70er und 80er Jahre wurde eben wenig Wert auf gepflegte Autos gelegt.

Verfolgten Sie ein Ziel damit?

Rodewald: Damals gab es noch kein konkretes Ziel. Ich war gerade Student geworden.

Und jetzt geben Sie Interviews zu Ihrem Auto. Rodewald: Ja, das ist schon erstaunlic­h. Wenn man mich damals gefragt hätte: „Werden sich 2017 die Leute noch für den alten Opel interessie­ren?“, hätte ich vermutlich „Nein“gesagt. Das lag völlig außerhalb meines Vorstellun­gsvermögen­s.

Sie wurden später Professor.

Rodewald: Für Fahrzeugte­chnik, genau. Und als das Thema Oldtimer in der Bevölkerun­g immer präsenter wurde, kam dann auch mein wissenscha­ftliches Interesse an der Extrem-Patina.

Warum sind Sie so begeistert von der Patina – dem Rost und den Moosen – auf Ihrem Auto?

Rodewald: Patina bedeutet hier einen besonderen Grad der Originalit­ät. Nicht nur der technische Zustand ist original – auch die Gebrauchss­puren und die Verschmutz­ungen. Alles original. Bei Baudenkmäl­ern werden zuweilen Gebrauchss­puren sogar unter Denkmalsch­utz gestellt, etwa Wagengleis­e in römischen Stadttoren.

Was ist daran denn wissenscha­ftlich interessan­t?

Rodewald: Mich interessie­rt etwa, wie Gebrauchss­puren in die Bewertung eines Oldtimers einfließen. Heute werden patinierte und damit originale Oldtimer zuweilen höher gehandelt als restaurier­te Oldtimer.

Fahren Sie noch mit Ihrer Rostlaube?

Rodewald: Nur noch selten, in den letzten Jahren vorwiegend zu Oldtimertr­effen und Filmaufnah­men oder Fototermin­en. Das liegt auch daran, dass mir durch meine Tätigkeit als Professor für Fahrzeugsi­cherheit die Folgen eines Unfalls sehr bewusst geworden sind. Gerade aufgrund der schlechten Bremswirku­ng ist das Fahren im normalen Straßenver­kehr gefährlich. Etwa, wenn ein modernes Fahrzeug vor mir eine Vollbremsu­ng macht.

Dann sehen Sie alt aus?

Rodewald: Dann hätte ich keine Chance. Eine von mir zu genau diesem Thema betreute Abschlussa­rbeit mit dem Titel „Untersuchu­ng zur Divergenz der Eigenschaf­ten am Straßenver­kehr beteiligte­r Fahrzeuge“bestätigt meine Bedenken.

Technisch mag Ihr Auto in Ordnung sein. Wie sicher ist es wirklich?

Rodewald: Der Wagen hat keine Gurte, keinen Airbag und keine ver-

formbare Lenksäule. Bei einem Unfall prallt der Fahrer – also ich – unverzöger­t auf das Lenkrad, und dieses würde sich in den Brustkorb bohren. Und es gibt weitere technische Details, die das Auto unsicher machen. Zum Beispiel das EinkreisTr­ommelbrems­system. Entsteht im Bremssyste­m die kleinste Undichtigk­eit, versagt die ganze Bremse.

Wie lange, meinen Sie, kann Ihr Opel noch durchhalte­n?

Rodewald: Das Experiment ist definitiv ein offenes. Aus technische­r Sicht sind eigentlich alle Mängel behebbar. Ich vermute, dass der Wagen einmal nicht an technische­n Defekten scheitern wird. Sondern? Rodewald: An den Behörden. Gerade läuft wieder ein Verfahren vor dem Amtsgerich­t Berlin.

Wieder?

Rodewald: Ja, insgesamt sind es schon 14 Verfahren. Das Gericht hat nun angekündig­t, mich wegen Verstoßes gegen das Luftreinha­lteprogram­m des Berliner Senates verurteile­n zu wollen. Es bat mich um meine Zustimmung, das Ganze im schriftlic­hen Verfahren ohne Prozess durchführe­n zu dürfen. Ich wurde im letzten Jahr aber wegen genau des gleichen Verstoßes – Parken in der Umweltzone – freigespro­chen. Deshalb habe ich dem schriftlic­hen

Verfahren nicht zugestimmt und hoffe auf einen weiteren Freispruch.

Haben Sie noch andere Autos?

Rodewald: Sogar einen weiteren Oldtimer, eine BMW Isetta. Die sieht noch gut aus, ich habe sie 1974 gekauft, noch vor dem Opel. Die wasche ich auch. Für den Alltag habe ich einen VW-Bus T3 von 1992 – für Urlaubstou­ren oder Transporte. Und einen Skoda Citigo von 2013 für normale Fahrten. Die beiden habe ich als Neuwagen erworben. Der VW hat mittlerwei­le 380000 Kilometer drauf und rostet stark. Der Citigo hat 30 000 Kilometer und auch schon eine Beule.

Interview: Jakob Stadler

 ?? Fotos: Hanns Lüdecke Rodewald ?? So sah das Auto beim Kauf 1976 noch aus. Ein Jahr später wollte es sein Besitzer, Hanns Allerdings war niemand bereit, ihm 500 Mark dafür zu bezahlen. Lüdecke Rodewald, eigentlich verkaufen.
Fotos: Hanns Lüdecke Rodewald So sah das Auto beim Kauf 1976 noch aus. Ein Jahr später wollte es sein Besitzer, Hanns Allerdings war niemand bereit, ihm 500 Mark dafür zu bezahlen. Lüdecke Rodewald, eigentlich verkaufen.
 ??  ?? Der fährt? Auch wenn dieser Opel Olympia seit 1977 nicht gewaschen wurde und darauf vier Sorten Moos wachsen: Technisch ist er in Ordnung. Auch eine TÜV Plakette hat das Auto.
Der fährt? Auch wenn dieser Opel Olympia seit 1977 nicht gewaschen wurde und darauf vier Sorten Moos wachsen: Technisch ist er in Ordnung. Auch eine TÜV Plakette hat das Auto.

Newspapers in German

Newspapers from Germany