Martini öffnet seinen Park für Wohnungen und das Theater
Das Areal war lange geprägt von Industrie und Gewerbe. Nun erhält es ein neues Gesicht, von dem auch die Bürger profitieren / Von Michael Hörmann und Silvio Wyszengrad (Bilder)
Aus Vergangenheit wird Zukunft. So formuliert es das Unternehmen Martini in einer Werbebroschüre. Der MartiniPark, benannt nach einer großen Augsburger Unternehmerfamilie, verfügt über einen wertvollen Bestand an bemerkenswerter Industriekultur aus dem 19. und 20. Jahrhundert. 24 Hektar ist das Areal im Textilviertel groß. Was zur Blütezeit der langen Augsburger Textilgeschichte als Produktionsstätte gedient hat, ist heute in allererster Linie ein Ort für Gewerbe aus völlig unterschiedlichen Branchen.
Dienstleister haben hier ihren Sitz, aber auch Handwerker und produzierende Betriebe: Architekt, Schlosser und Psychotherapeutin – die Bandbreite ist groß. Der größte Mieter ist die Firma Freudenberg, die die Tradition der Textilbranche im Martini-Park nach wie vor hochhält. Freudenberg, deren Produkt Vileda als Markenname fest eingeführt ist, produziert in großen Fertigungshallen auf dem Gelände.
Der Martini-Park, der für die Öffentlichkeit gegenwärtig sehr geheimnisvoll wirkt, steht vor gravierenden Einschnitten. Das Gesicht des Parks wird sich in den nächsten Jahren gewaltig verändern. Um es vereinfacht zu sagen: Der MartiniPark öffnet sich für die Augsburger, aber auch für Menschen aus der Region. Zwei Bausteine sind es, die dazu entscheidend beitragen.
Das Theater Augsburg wird in zwei Hallen eine Ausweichspielstätte beziehen, die mindestens fünf Jahre genutzt wird. Daher werden Theatergänger die Schönheit des Areals mit seinen Grünanlagen bald näher kennenlernen. Das ist aber nur ein kleiner Schritt im Vergleich zu dem, was an anderer Stelle auf dem weitläufigen Grundstück geplant ist.
Wer an der Schleifenstraße (Amagasaki-Allee, Nagahama-Allee) unterwegs ist, hat in den zurückliegenden Wochen wahrgenommen, was hinter dem Zaun passiert. Ein riesiges Baufeld ist entstanden. Bagger stehen auf dem Areal. Sie sind ein Hinweis darauf, was in den nächsten Jahren entsteht: Martini und weitere Partner bauen insgesamt 360 Wohnungen, wobei hier zwei Bauabschnitte vorgesehen sind. Geplant ist zudem eine Kindertagesstätte. Baubeginn soll voraussichtlich noch in diesem Jahr sein. Neue Straßen werden gebaut, die die Zufahrt zu den Häusern erschließen. Tiefgaragen schaffen die nötigen Parkplätze. „Wohnen und Arbeiten in einem Quartier“, nennt Wolfgang Geisler, Geschäftsführer der Martini-Firmengruppe, die Idee, die dahintersteckt. Mit den Überlegungen, das Quartier zum Wohnviertel auszuweiten, gibt es für die Öffentlichkeit einen anderen Zugang zum Martini-Park. Teile der Anlage werden als große Grünanlage freigegeben, die für Anwohner aus dem Umfeld im Textilviertel zugänglich ist. Zu den Produktionsstätten hin wird es nicht zuletzt auf Wunsch der Unternehmen eine Abgrenzung geben, die den Zugang dorthin etwas erschwert. Doch die grundsätzliche Botschaft ist klar: Der Martini-Park öffnet sich. Das ist auch wörtlich zu verstehen, da ein Tor in der Schäfflerbachstraße künftig für Theatergänger als schneller Weg zur Spielstätte dient.
Wer den Park betritt, kommt in eine besondere Welt. Ein Rundgang lüftet Geheimnisse dieses Parks:
Die Anfänge Die Brüder Clemens und Fritz Martini bauten im Jahr 1847 eine zweite Produktionsstätte der „Bleicherei, Färberei, Druckerei und Appreturanstalt Martini & Cie.“. Die Ursprünge der Firma liegen in Haunstetten. Gründungsjahr war 1832. Zu späteren Spitzenzeiten waren auf dem Martini-Park rund 2000 Mitarbeiter im Unternehmen beschäftigt (siehe eigener Artikel rechts).
Gewerbepark heute 120 Mieter sind in den Hallen, Gebäuden und drei Villen angesiedelt. Rund 1000 Beschäftigte haben im Martini-Park ihren Arbeitsplatz. Nahezu 40 Gebäude in unterschiedlicher Größenordnung stehen auf dem Grundstück. Architektonisch herausragend sind die drei Villen. Grünanlagen Reizvoll ist die groß angelegte Parklandschaft. Es gibt viele Rückzugspunkte für Mieter und Gäste. Besondere Adresse Alle Unternehmen im Martini-Park haben eine einheitliche Adresse. Sie lautet: Provinostraße 52. Die Unterscheidung erfolgt nach der Benennung der einzelnen Gebäude, es sind die Buchstaben A und B sowie durchlaufende Zahlen, die bis 17 gehen.
Neue Adressen Wenn die Wohnbebauung einmal auf dem Gelände
Alle Unternehmen haben nur eine Adresse
steht, ist es mit dieser einheitlichen Adresse vorbei. Wegen der Straßen, die zu den Häusern führen, werden zusätzliche Straßennamen benötigt.
Die Wohnbebauung 360 Wohnungen sind geplant. Martini selbst will 260 Wohnungen errichten, wahrscheinlich in zwei Abschnitten. Die Firmengruppe tritt als Bauherr und Eigentümer auf. Die Wohnungen, die von 1,5 bis vier Zimmer geplant sind, werden alle vermietet. Der Baustart ist noch nicht festgelegt, vielleicht geht es noch dieses Jahr los. Die Erschließungsarbeiten für Wasser, Strom, Telekommunikation und Straßen laufen schon länger.
Geförderte Wohnungen Bestandteil der Planungen ist auch gefördertes Wohnen. Drei Familiengesellschaften werden 70 Wohnungen errichten. Zudem wird das Dominikus-Ringeisen-Werk insgesamt 30 Wohnungen bauen, in denen behinderte mit nicht behinderten Menschen zusammenleben.
So wird gebaut Zur Schleifenstraße (Nagahama-Allee) hin steht ein fünfgeschossiger Komplex mit den staatlich geförderten Wohnungen. Diese Bauhöhe soll den Lärm vermindern, der auf das weitere Areal gelangt. Die anderen Häuser im Umfeld werden drei bis vier Geschosse haben.
Theater Zwei derzeit noch leer stehende Hallen werden vom Theater gemietet. Die kleinere Halle, in der momentan noch ein kleiner Bagger steht, wird die Spielstätte sein. 600 Plätze für Besucher sind vorgesehen. Es gibt einen Orchestergraben und die Bühnentechnik. In der zweiten Halle ist der Probenraum,