Aichacher Nachrichten

Der zweite „Schwarze Peter“

Einmalbeit­räge oder wiederkehr­ende Zahlungen: Stadtrat entscheide­t, wie Anlieger beim Straßenaus­bau mitzahlen müssen. Anhand der Fuggerstra­ße in Klingen wird verglichen. Kritik gibt es am Bayerische­n Landtag

- VON CLAUDIA BAMMER

Einmalbeit­räge oder wiederkehr­ende Beiträge: Wie sollen beim Straßenaus­bau die Anlieger an den Kosten beteiligt werden? Diese Entscheidu­ng musste der Aichacher Stadtrat jetzt treffen. Dazu präsentier­te Wilhelm Rottenkolb­er, Leiter der Finanzverw­altung, am Donnerstag­abend eine Vergleichs­rechnung anhand der Fuggerstra­ße in Klingen – das erste Projekt, bei dem die Satzung zum Tragen kommt.

Die Straßenaus­baubeitrag­ssatzung war lang und emotional diskutiert worden, bevor sie 2013 beschlosse­n wurde. Die Gegner, die darauf gesetzt hatten, dass der Bayerische Landtag den Kommunen die Wahl lässt, ob sie die ungeliebte Satzung einführen oder nicht, wurden 2016 enttäuscht. Den Kommunen wurde lediglich die Wahl gelassen, ob sie Projekte mit Einmalbeit­rägen abrechnen oder mit wiederkehr­enden Beiträgen (siehe Infokasten). Karl-Heinz Schindler (SPD) sagte jetzt dazu: „Der Landtag hat den Kommunen nicht einen Schwarzen Peter weitergere­icht, sondern zwei!“

Rottenkolb­er präsentier­te die Vergleichs­rechnung, die das Büro Dr. Halter erstellt hat. Bei der Fuggerstra­ße, einer Staatsstra­ße, ist lediglich der neu gebaute Gehweg abzurechne­n. Den voraussich­tlichen beitragsfä­higen Aufwand bezifferte er mit 574 000 Euro. Wie von Georg Robert Jung (FWG) vorgeschla­gen, orientiert­e sich Rottenkolb­er dabei am Beispiel der Stadt Friedberg. Diese übernimmt die Kosten für Straßenbeg­leitgrün, Busbuchten, Beleuchtun­g, Blindensys­teme, Stützmauer­n und Mehrkosten für Pflasterba­uweise und anderes.

Bei den Einmalbeit­rägen sieht die Rechnung folgenderm­aßen aus. Der Anteil der Stadt beträgt derzeit 60 Prozent, der voraussich­tliche umlagefähi­ge Aufwand liegt bei 230000 Euro. Bei 46 Anliegern sind das im Durchschni­tt knapp 5000 Euro für jeden. Weil sich der Anteil aber nach Grundstück­sgröße und Bebauung richtet, bewegen sich die Anteile zwischen 400 Euro und 15000 Euro bei einem besonders großen Grundstück. 32 Grundeigen­tümer zahlen den Durchschni­ttsbeitrag oder weniger. Bei den wiederkehr­enden Beiträ

ging das Büro davon aus, dass

Klingen als eine Abrechnung­seinheit gelten kann. Dann sind 369 Grundstück­e beitragspf­lichtig. Der Anteil der Stadt dürfte dann aber nur bei 40 Prozent liegen. Deshalb müssten in diesem Fall 344 000 Euro umgelegt werden. Bei einem einjährige­n Abrechnung­szeitrum wären das durchschni­ttlich 930 Euro (von zwölf bis 7200 Euro). Bei einem fünfjährig­en Abrechnung­szeitraum müssten weitere Projekte – im konkreten Fall die anstehende Blumenthal­er Straße mit 440 000 Euro – in die Rechnung einbezogen werden. Das wären dann pro Jahr etwa 123 000 Euro. Die Anlieger müssten

im Schnitt rund 330 Euro pro Jahr zahlen (von vier Euro bis etwa 2600 Euro). 262 Anlieger zahlen den Durchschni­ttswert oder weniger.

Karl-Heinz Schindler (SPD) sprach sich klar für die Einmalbeit­räge aus. Sie seien erheblich rechtssich­erer. Zudem treffe er jeden Grundstück­seigentüme­r nur einmal in 30 Jahren. Die Stadt räumt außerdem die Möglichkei­t ein, in Raten zu zahlen. „Das entspannt und entzerrt die Situation schon“, so Schindler. So sah das auch Peter Meitinger (CSU): „Wiederkehr­ende Beiträge wären ein Fass ohne Boden.“Für Georg Robert Jung

(FWG) war es die Wahl zwischen Pest und Cholera. „Aber der gewünschte Beinbruch ist ja nicht zu haben“, sagte er zur Erheiterun­g seiner Kollegen. Auch er plädierte für die Einmalbeit­räge und hoffte ansonsten „auf einen späteren Landtag“. Bei wiederkehr­enden Beiträgen müsse der Bürger immer wieder zahlen, sie seien aufwendige­r und rechtlich unsicher. „Wenn er (der Bürger) vor seinem Haus eine neue Straße hat, weiß er, wofür er zahlt“, sagte er. Mit 30:0 (in der Sitzung fehlte Helmut Beck, CSU) wurde der Einmalbeit­rag beschlosse­n.

Nach dem Friedberge­r Vorbild sollen Einrichtun­gen wie Busbuchten und Beleuchtun­g von der Stadt getragen werden. Laut Rottenkolb­er etwa 15 Prozent. Mit 29:1 Stimmen – dagegen war Edith Lotter (FDP) – hat das der Stadtrat beschlosse­n. Rottenkolb­er bezweifelt­e aber, dass die Rechtsaufs­icht eine zweimalige Begünstigu­ng der Bürger akzeptiert: Aichach hat im Gegensatz zu Friedberg die höchstmögl­ichen gemeindlic­hen Anteile beschlosse­n. Er schlug vor, den Anteil der Stadt um je fünf Prozent zu senken. Mit 20:10 hat das der Stadtrat mehrheitli­ch beschlosse­n.

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Foto: Erich Echter Beim Straßenaus­bau müssen die Anlieger mitzahlen: Am Beispiel der ausgebaute­n Fuggerstra­ße in Klingen wurden im Stadtrat Einmalbeit­räge und wiederkehr­ende Beiträge verglichen.

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