Der zweite „Schwarze Peter“
Einmalbeiträge oder wiederkehrende Zahlungen: Stadtrat entscheidet, wie Anlieger beim Straßenausbau mitzahlen müssen. Anhand der Fuggerstraße in Klingen wird verglichen. Kritik gibt es am Bayerischen Landtag
Einmalbeiträge oder wiederkehrende Beiträge: Wie sollen beim Straßenausbau die Anlieger an den Kosten beteiligt werden? Diese Entscheidung musste der Aichacher Stadtrat jetzt treffen. Dazu präsentierte Wilhelm Rottenkolber, Leiter der Finanzverwaltung, am Donnerstagabend eine Vergleichsrechnung anhand der Fuggerstraße in Klingen – das erste Projekt, bei dem die Satzung zum Tragen kommt.
Die Straßenausbaubeitragssatzung war lang und emotional diskutiert worden, bevor sie 2013 beschlossen wurde. Die Gegner, die darauf gesetzt hatten, dass der Bayerische Landtag den Kommunen die Wahl lässt, ob sie die ungeliebte Satzung einführen oder nicht, wurden 2016 enttäuscht. Den Kommunen wurde lediglich die Wahl gelassen, ob sie Projekte mit Einmalbeiträgen abrechnen oder mit wiederkehrenden Beiträgen (siehe Infokasten). Karl-Heinz Schindler (SPD) sagte jetzt dazu: „Der Landtag hat den Kommunen nicht einen Schwarzen Peter weitergereicht, sondern zwei!“
Rottenkolber präsentierte die Vergleichsrechnung, die das Büro Dr. Halter erstellt hat. Bei der Fuggerstraße, einer Staatsstraße, ist lediglich der neu gebaute Gehweg abzurechnen. Den voraussichtlichen beitragsfähigen Aufwand bezifferte er mit 574 000 Euro. Wie von Georg Robert Jung (FWG) vorgeschlagen, orientierte sich Rottenkolber dabei am Beispiel der Stadt Friedberg. Diese übernimmt die Kosten für Straßenbegleitgrün, Busbuchten, Beleuchtung, Blindensysteme, Stützmauern und Mehrkosten für Pflasterbauweise und anderes.
Bei den Einmalbeiträgen sieht die Rechnung folgendermaßen aus. Der Anteil der Stadt beträgt derzeit 60 Prozent, der voraussichtliche umlagefähige Aufwand liegt bei 230000 Euro. Bei 46 Anliegern sind das im Durchschnitt knapp 5000 Euro für jeden. Weil sich der Anteil aber nach Grundstücksgröße und Bebauung richtet, bewegen sich die Anteile zwischen 400 Euro und 15000 Euro bei einem besonders großen Grundstück. 32 Grundeigentümer zahlen den Durchschnittsbeitrag oder weniger. Bei den wiederkehrenden Beiträ
ging das Büro davon aus, dass
Klingen als eine Abrechnungseinheit gelten kann. Dann sind 369 Grundstücke beitragspflichtig. Der Anteil der Stadt dürfte dann aber nur bei 40 Prozent liegen. Deshalb müssten in diesem Fall 344 000 Euro umgelegt werden. Bei einem einjährigen Abrechnungszeitrum wären das durchschnittlich 930 Euro (von zwölf bis 7200 Euro). Bei einem fünfjährigen Abrechnungszeitraum müssten weitere Projekte – im konkreten Fall die anstehende Blumenthaler Straße mit 440 000 Euro – in die Rechnung einbezogen werden. Das wären dann pro Jahr etwa 123 000 Euro. Die Anlieger müssten
im Schnitt rund 330 Euro pro Jahr zahlen (von vier Euro bis etwa 2600 Euro). 262 Anlieger zahlen den Durchschnittswert oder weniger.
Karl-Heinz Schindler (SPD) sprach sich klar für die Einmalbeiträge aus. Sie seien erheblich rechtssicherer. Zudem treffe er jeden Grundstückseigentümer nur einmal in 30 Jahren. Die Stadt räumt außerdem die Möglichkeit ein, in Raten zu zahlen. „Das entspannt und entzerrt die Situation schon“, so Schindler. So sah das auch Peter Meitinger (CSU): „Wiederkehrende Beiträge wären ein Fass ohne Boden.“Für Georg Robert Jung
(FWG) war es die Wahl zwischen Pest und Cholera. „Aber der gewünschte Beinbruch ist ja nicht zu haben“, sagte er zur Erheiterung seiner Kollegen. Auch er plädierte für die Einmalbeiträge und hoffte ansonsten „auf einen späteren Landtag“. Bei wiederkehrenden Beiträgen müsse der Bürger immer wieder zahlen, sie seien aufwendiger und rechtlich unsicher. „Wenn er (der Bürger) vor seinem Haus eine neue Straße hat, weiß er, wofür er zahlt“, sagte er. Mit 30:0 (in der Sitzung fehlte Helmut Beck, CSU) wurde der Einmalbeitrag beschlossen.
Nach dem Friedberger Vorbild sollen Einrichtungen wie Busbuchten und Beleuchtung von der Stadt getragen werden. Laut Rottenkolber etwa 15 Prozent. Mit 29:1 Stimmen – dagegen war Edith Lotter (FDP) – hat das der Stadtrat beschlossen. Rottenkolber bezweifelte aber, dass die Rechtsaufsicht eine zweimalige Begünstigung der Bürger akzeptiert: Aichach hat im Gegensatz zu Friedberg die höchstmöglichen gemeindlichen Anteile beschlossen. Er schlug vor, den Anteil der Stadt um je fünf Prozent zu senken. Mit 20:10 hat das der Stadtrat mehrheitlich beschlossen.